Schach-Workshop beim Walddörfer SV

Nicht nur Schwarz-Weiß ist die Denksportart Schach: Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte zeigt die bunte Vielfalt unterschiedlicher Kulturen und Epochen, aus der das königliche Spiel hervorgegangen ist. Vermutlich im 3. Jahrhundert n. u. Z. in Indien als Chaturanga entwickelt, kam es im 6. Jahrhundert unter dem Namen Chatrang nach Persien und wurde im Zuge der islamischen Expansion in den Nahen Osten, Nordafrika und das maurische Spanien gebracht, von wo es sich in ganz Europa bis nach Russland verbreitete und stetig weiterentwickelt wurde. Bis zu unserem heute bekannten Schach, was vom Persischen Schah (König) abgeleitet ist.

Illustration: Jessica Frische
Illustration: Jessica Frische

Die vielfältigen Einflüsse spiegeln sich in der dem Spiel innewohnenden Komplexität: Der Denksport stellt sehr hohe Anforderungen an Konzentration, Merkfähigkeit, Kombinationsvermögen und Problemlösung, wohingegen die Spieler*innen sich untereinander nur rudimentär verständigen müssen. Beste Voraussetzung für die Aktivierung von Menschen, die noch nicht so gut Deutsch sprechen, aber einen Einstieg in einen Sportverein suchen.

Genau dieses Potential nutzt der Walddörfer SV, der seit 2017 Stützpunktverein im Programm „Integration durch Sport“ ist, mit dem Workshop: „Spielend Schach lernen“. „Die Regeln sind überall auf der Welt gleich“, verrät Torsten Schubert, Integrationsbeauftragter und Workshopleiter beim Walddörfer SV. „So können Menschen unterschiedlichster Herkunft und Sprachniveaus miteinander in Kontakt kommen.“ Auf die Idee zu dem Kurs brachte ihn ein junger Geflüchteter aus Afghanistan, der im Verein eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann absolvierte und in seiner Freizeit gerne Schach spielt. Zu Beginn hatte der Verein Bedenken, denn man wollte keine Konkurrenz zum nahegelegenen Volksdorfer Schachklub von 1948 e.V. aufbauen. Wie sich aber herausstellte, waren dort vorrangig Turnierspieler*innen zugegen und einer Grundlagenausbildung im Rahmen des Workshops stand nichts mehr im Weg. Beinahe Eventcharakter für die ganze Familie bot die Umsetzung vor Ort: In zwei nebeneinander liegenden Räumen wurde die bunt gemischte Gruppe grob in Erwachsene und Kinder eingeteilt, damit Letztere auch mal lauter sein und Erstere bei einem leckeren Getränk entspannen konnten. Leider konnte der zweite Kurs coronabedingt nicht mehr zu Ende gebracht werden, wovon sich Organisator Schubert jedoch nicht unterkriegen ließ. Er stellte ein digitales Programm auf die Beine und bietet seither Schach im digitalen Einzelcoaching. Simultan begleitet er die Teilnehmenden am Telefon und bietet strategische und taktische Unterstützung. „Es ist eine Notlösung, um das Angebot überhaupt möglich zu machen. Aber es ist kein Vergleich zum Kurs vor Ort. Der Begegnung vor Ort“.

Zuvor ging Schubert durch den Raum und unterstützte, erklärte und coachte je nach Bedarf. Jetzt bleibt von der Begegnung nur die Stimme am Telefon. Dennoch kann es weiterhin ein Erlebnis für die ganze Familie, bis hin zu den Großeltern, sein. Wie Schubert erzählt, nehmen manchmal mehrere Familienmitglieder gespannt an einer Partie teil, obwohl nur der Sprössling zum Kurs angemeldet ist. „Das ist wunderbar und zeigt mir, wie wichtig das Angebot ist und wie sehr damit die Begeisterung für die Sportart Schach gefördert wird.“ Die Nachfrage nach dem Angebot ist groß und man kann nur hoffen, dass sie bald wieder über einen Kurs vor Ort gedeckt werden kann. Zumindest sobald die Räumlichkeiten wieder zur Verfügung stehen, denn der Walddörfer SV hat hier ein Corona Testzentrum zur Durchführung eines kostenfreien Covid-19 Antigen Schnelltests einrichten lassen. Auch viele Geflüchtete in den Wohnunterkünften warten darauf, wieder in den Verein kommen zu dürfen. Da die Unterkünfte nicht mit Wlan ausgestattet sind und die meisten keinen Laptop oder Computer zur Verfügung haben, können sie nicht am Online-Angebot teilnehmen. „Das ist schade und wir hoffen sehr, dass wir den Kurs bald wieder vor Ort anbieten können. Denn wir planen aktuell verschiedene Varianten wie Viererschach oder Tandemschach.“ Wir drücken die Daumen, dass euer tolles Angebot bald wieder richtig durchstarten kann!

 

(Text: HSB)


  • Illustration: Jessica Frische
    Illustration: Jessica Frische