Argumentationstraining zum Umgang mit rechten und diskriminierenden Aussagen in Berlin

Wie kann ich reagieren, wenn mir oder meinen Mitmenschen rechte oder diskriminierende Aussagen entgegenschlagen? Was mache ich, wenn mich meine Emotionen daran hindern, schlagfertig und/oder überlegt auf menschenverachtende Äußerungen zu reagieren? Mit diesen und anderen Sorgen konnten sich unsere Vereinsmitarbeitenden am 06. und 07.10.2023 unter der fachkundigen Anleitung zweier Expert*innen von Gegenargument auseinandersetzen.

Zuschauer*innen brüllen Sportler*innen diskriminierende Beleidigungen entgegen – am Stammtisch des Vereins werden rechte Parolen skandiert – eine fremde Frau in der Bahn bewertet die Erziehungsmethoden einer Mutter aufgrund ihrer gelesenen Herkunft als unzulänglich… Das sind nur einige Beispiele, die so oder so ähnlich den Alltag vieler Menschen in Deutschland bestimmen. Der Wunsch, sich gegen diese Situationen aufzulehnen, sich stark zu machen, für sich selbst oder andere einzustehen und rechten oder diskriminierenden Äußerungen anderer Personen die rote Karte zu zeigen, wohnt vielen Menschen inne. Mit ihm einher geht jedoch auch die Angst oder Sorge, nicht adäquat zu reagieren, nicht die passenden Worte zu finden, die Situation zu verschlimmern oder sich selbst ins Abseits oder gar ins Rampenlicht zu stellen. Und doch ist allen bewusst, dass nichts zu tun, keine Option ist. Und genau hier setzt der Workshop „Argumentationstraining zum Umgang mit rechten und diskriminierenden Aussagen“ an.

Durchgeführt wurde er von Methu Thavarasa und Bienz Hammer, zwei Expert*innen von Gegenargument*, die Teilnehmenden seit Jahren dabei helfen, sich der eigenen Haltung bewusst zu werden, Gesprächsstrategien kennenzulernen und Argumentationssicherheit zu erlangen. Dafür verbanden sie die situative Ebene (Auftreten und Redeverhalten in konkreten Situationen) mit der Ebene der inhaltlichen Auseinandersetzung. Grundlage der Auseinandersetzung ist es, sich der eigenen Position in der Gesellschaft klar zu werden. Personen, die selbst nicht von Diskriminierungen betroffen sind, haben eine privilegierte Position und können diese nutzen, um sich einzumischen und gegen Diskriminierung zu positionieren. Diese Privilegien zu erkennen und bewusst damit umzugehen, kann dazu führen, Diskriminierungen abzubauen. Dazu gehört nicht nur, in konkreten Situationen zu reagieren, sondern Bedingungen zu schaffen, in denen sich alle Menschen wohl(er) fühlen. Das kann heißen, Hürden da abzubauen, wo Menschen bisher noch ausgeschlossen sind, beispielsweise in Führungspositionen, bei der Mitbestimmung und Gestaltung von Aktionsräumen u.v.m. Nicht zuletzt gehört dazu auch, die Schaffung von Beratungs- und Austauschräumen, in denen sich Menschen, die diskriminiert und ausgeschlossen werden, austauschen und stärken können.

 

Was konnten die Teilnehmenden im Seminar lernen?

Im Laufe des Workshops wurden u. a. (extrem) rechte Argumentationstechniken in den Blick genommen, wie diese aufgebaut sind und was sie bei den Lesenden/Hörenden hervorrufen (sollen). Darauf  aufbauend konnten dann Übungen zu strategischem Verhalten in unterschiedlichen Situationen durchgeführt werden, in denen sich die Teilnehmenden in einem geschützten Rahmen ausprobieren, ihre Gedanken, Sorgen und Ängste teilen und von den Dozierenden und anderen Teilnehmenden aufgefangen werden konnten.

Gemeinsam wurde sich inhaltlich mit rechten und diskriminierenden Äußerungen auseinandergesetzt, Gegenargumentationen konnten gesammelt und gefestigt werden und auch der  Umgang mit Emotionen wurde in den Blick genommen. Ein Input zu eigenen Gesprächsstrategien ergänzte diesen Themenblock.

Einen wichtigen Teil des Seminars stellte zum Schluss der Übungsteil dar, in dem die Teilnehmenden in einem sicheren Raum ausführlich das eigene Auftreten und Redeverhalten üben konnten.

Die anderthalb Tage vergingen für alle Teilnehmenden wie im Flug und die Erkenntnisse waren vielfältig. Wie beispielsweise, dass nicht jede Situation eine Diskussion möglich macht, dass Diskussionen nicht gewonnen werden müssen, dass es manchmal ausreicht, den eigenen Standpunkt klarzumachen, ohne mit Fakten aufwarten zu müssen, die die Äußerungen des Gegenübers aushebeln. Jede Situation ist anders, so wie wir Menschen es auch sind und so bedarf es in jedem Fall von neuem einer Bewertung des Augenblicks und der Überlegung, welche Reaktionen sinnvoll und hilfreich sind.

 

*Gegenargument wurde 2008 gegründet, um Seminare und Trainings für die Auseinandersetzung mit rechten und rassistischen Positionen anzubieten. Das Portfolio wurde seit dieser Zeit um weitere Themen ergänzt, wie beispielsweise: Gender und Antifeminismus, (extrem) rechte Klimaschutzkritik, Antiziganismus/Antiromaismus, Von A wie Aluhut bis Z wie Zwangsimpfung.

Der Kern der Gegenargument Philosophie ist ein differenzierter Ansatz: Klare Positionen wo Diskussionen nicht möglich sind; und eine Vielfalt an Argumenten und Gesprächsstrategien, wo Diskussionen sinnvoll und gewollt sind.“

Weitere Informationen zu Gegenargument finden Sie hier: klick.