Wie durch das Coronavirus neue Chancen entstehen - Ein Interview mit den Übungsleiterinnen von "Willkommen im Sport" und "Integration durch Sport"

In der aktuellen Lage muss fast jeder seine Arbeit flexibler gestalten und an die aktuellen Bedingungen anpassen. Wie unsere Übungsleiterinnen mit der aktuellen Situation umgehen, wollten wir in einem Interview mit Samira Hamdan und Basmeh al Krad erfahren. Dabei stellten wir fest, dass sich durch die neuen Gegebenheiten auch neue Chancen für unsere Arbeit in den Bundesprogrammen eröffnet haben. Nicola Ghallatt, von der Abteilung Chancengleichheit, unterstützte das Interview und gab hilfreiche Anstöße.

Unsere Übungsleiterinnen Basmeh al Krad (links) und Alaa al Swidan (rechts), von "Willkommen im Sport".
Unsere Übungsleiterinnen Basmeh al Krad (links) und Alaa al Swidan (rechts), von "Willkommen im Sport".

Wie lange arbeitet ihr beide denn schon als Übungsleiterinnen für die genannten Projekte?

Samira: „Ich bin seit zwei Jahren Übungsleiterin in dem Projekt „Integration durch Sport“ und kümmere mich momentan darum, Angebote für die Kinder der andren Projektteilnehmer bereitzustellen.“

Basmeh: „Vor etwa zwei Jahren habe ich begonnen, mich für den Sport zu interessieren, da mein Arzt mir dringend empfohlen hatte, mehr Sport zu treiben. So wurde ich auf das Projekt aufmerksam und begann, die Sportkurse meiner Kollegin Alaa Al Swidan zu besuchen. Seit etwa sechs Monaten bin ich nun schließlich selbst eine Übungsleiterin von „Willkommen im Sport“ und leite auch eigene Kurse.“

Samira du sprichst von Angeboten mit Kindern. Wie kann man sich das vorstellen, wo man sich derzeit doch nicht persönlich treffen darf?

Samira: „Wir benutzen beide WhatsApp und Zoom für unsere Angebote. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe mit den Eltern, in der wie die Termine für die nächsten Zoom-Meetings einstellen und das Programm ankündigen. Neben Singen, Tanzen und Basteln üben wir mit den Kindern oft auch die deutsche Sprache. Dazu habe ich mir einen kleinen Wettbewerb überlegt. Ich benenne auf Deutsch einen gewissen Gegenstand in der Küche oder dem Kleiderschrank und das Kind, dass den Gegenstand am schnellsten findet und herbringt hat gewonnen. So lernen die Kinder etwas und bewegen sich gleichzeitig.“

Warum glaubst du denn, dass solche Angebote für die Kinder wichtig sind?

Samira: „Nun ja, durch das Coronavirus müssen die Kinder ja leider alle zuhause bleiben und gerade die Kinder sind sehr aktiv. Sie müssen auch in der jetzigen Situation die Möglichkeit bekommen, ihre Aktivität und Energie heraus zu lassen. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass man auch Zuhause viel mit den Kindern machen kann. Man muss nur kreativ sein. Manche Kinder sind durch die Situation auch sehr einsam. Man muss ihnen Abwechslung bieten, sonst wird ihnen schnell langweilig. Sie sollen sich bewegen, aber auch denken.“

Du sprichst von Erfahrung. Welche Erfahrung hast du denn mit Kindern? Bist du selbst Mutter?

Samira: „Ja ich habe drei Kinder, aber die sind schon erwachsen. Aber ich weiß eben, wie man mit Kindern arbeitet, denn ich bin Lehrerin von Beruf. Seit siebenundzwanzig Jahren bin ich jeden Tag von Kindern umgeben. Ich unterrichte Kinder im Alter von der ersten bis zur dritten Klasse und ich liebe die Arbeit mit Kindern.“

Wie ich bei Facebook gesehen habe, bringen sich auch die Kinder aktiv ein. Wie läuft das denn ab?

Samira: „Oft nehmen zwanzig bis dreißig Kindern an den Angeboten teil. Alle mit einzubeziehen, ist schwer. Hier nutze ich YouTube, um mich zu inspirieren. Wir singen, wir tanzen, wir basteln und am Ende gebe ich einem Kind immer eine Aufgabe, die es beim nächsten Mal den anderen vormachen kann. Wenn das Kind gerne bastelt, macht es den anderen eine Bastelanleitung vor. Das teilen wir dann nochmal in unserer WhatsApp-Gruppe.“

Basmeh, kommen wir zu dir. Du betreust als Übungsleiterin die Frauensportgruppen von Willkommen im Sport. Wie läuft das bei dir derzeit ab?

Basmeh: „Wir trainieren immer zwei Mal in der Woche. Einmal leite ich die Kurse und einmal Alaa. Das läuft dann ähnlich wie bei Samira. Wir kündigen die Termine vorab in unserer WhatsApp-Gruppe an und manchmal verschicken wir vorab auch kurze Videos für verschiedene Übungen. Die eigentlichen Trainings finden dann über Zoom statt. Die Einladung haben wir auch in unserer geschlossenen Facebook-Gruppe „Fitness Saar“ gepostet.“

Und funktioniert das gut über Zoom und WhatsApp? Ich meine, das ist schon etwas anderes als ein persönliches Angebot. Beteiligen sich da genauso viele Frauen, wie bei den persönlichen Angeboten?

Basmeh: „Nein, alle machen mit. Jedes Mal nehmen – Wie sonst auch – zwischen fünfzehn und zwanzig Frauen an den Kursen teil.“

Nicola: „Man muss hier dazu sagen, dass sich die Frauen ihre Angebote ja wirklich selbst überlegen. Basmeh hat das letzte Mal zum Beispiel mit Flaschen trainiert und Alaa bindet auch oft Stühle in ihre Kurse ein. Unsere Übungsleiterinnen sind da sehr kreativ und sehr vielfältig.“

Samira sprach vorhin davon, dass sie sich bei YouTube inspiriert. Basmeh wie kommst du denn auf deine Ideen?

Basmeh: „Ja ich hole mir auch Inspiration bei YouTube und Google. Aber auch mein Mann hilft mir sehr. Er ist Sportlehrer von Beruf und sagt mir immer, welche Übungen für die Frauen gut durchzuführen sind und welche nicht.“

Ist es euch am Anfang schwergefallen, eure Angebote nicht mehr persönlich, sondern über WhatsApp und Zoom durchzuführen?

Basmeh: „Vielen unserer Frauen ist es wichtig, regelmäßig Sport zu treiben. Für ihre Figur, für ihre Fitness usw. Zu Beginn waren viele nicht davon begeistert, das über Zoom zu machen. Sie hatten Angst davor, dass außer unserer Gruppe noch andere Menschen zusehen könnten und vielleicht Fotos von ihnen ohne Kopftuch machen können. Aber wir haben darüber gesprochen und im Endeffekt ist es so: Wenn alle Frauen angemessene Kleidung und ein Kopftuch tragen ist es für sie okay und mittlerweile haben sie richtig Spaß an den Online-Kursen.“

Samira: „Für mich war es zu Beginn mit dem Internet schwer, weil die Verbindung bei mir Zuhause nicht immer gut ist. Manchmal besuche ich dann Basmeh und Alaa und mache meine Zoom-Konferenzen von dort. Ich bin eine ältere Frau und ich brauchte am Anfang Hilfe von meinen Kindern. Aber diese konnten auch nicht immer kommen, wenn wir einen Termin für eine Zoom-Konferenz hatten. Mittlerweile kann ich das aber selbst.“

Was wünscht ihr euch denn in der Zukunft für eure Projekte?

Samira: „Ich wünsche mir Corona weg. Ich möchte die Kinder endlich wieder live sehen und nicht nur über Zoom mit ihnen arbeiten. Ich denke mittlerweile immer darüber nach, was ich mit den Kindern über Zoom alles Neues machen kann und dabei kommen mir auch viele Ideen, die man in Zukunft live umsetzen kann. Ich denke immer darüber nach was die Kinder denken und was die Kinder brauchen.“

Basmeh: „Ja, ich wünsche mir Corona auch weg. Ich interessiere mich mittlerweile sehr für das Thema Sport und denke immer darüber nach, welche Übungen ich mit den Frauen machen kann. Dabei denke ich auch viel über verschiedene Sportarten nach, die für die Frauen interessant sein könnten. Zum Beispiel Fahrradfahren, Handball, Basketball, Zumba oder Training mit Gewichten und Hanteln. Ich freue mich schon darauf, wenn wir das alles wieder live und persönlich machen können.“

Nicola: „Durch die Arbeit unserer Übungsleiterinnen kann man deutlich erkennen, dass Corona auch etwas Positives mit sich bringt. Man sieht deutlich, dass sie sich durch die aktuelle Situation mehr mit dem Thema beschäftigen und ihre Ideen wachsen. Beispielsweise fiel es uns vor Corona besonders schwer, die Kinder nachhaltig zu erreichen. Jetzt haben sich durch das Coronavirus neue Wege eröffnet, die wir auch in Zukunft persönlich weiterführen möchten.“

 

 

 

 

 


  • Unsere Übungsleiterinnen Basmeh al Krad (links) und Alaa al Swidan (rechts), von "Willkommen im Sport".
    Unsere Übungsleiterinnen Basmeh al Krad (links) und Alaa al Swidan (rechts), von "Willkommen im Sport".
  • Unsere Übungsleiterinnen Samira Hamdan (links) und Raghs Al Akil (rechts), von "Integration durch Sport".
    Unsere Übungsleiterinnen Samira Hamdan (links) und Raghs Al Akil (rechts), von "Integration durch Sport".