So einen Gegner hatten bislang wohl wenige Vereine vor der Brust. Der FC Motor Neubrandenburg Süd gastierte diese Woche zum Freundschaftsspiel beim FC Bundestag. Eine gemischte Mannschaft, die vornehmlich aus Abgeordneten des deutschen Parlaments besteht und in den Trikots der deutschen Nationalmannschaft aufläuft - in puncto Jugendlichkeit und Fitness aber nicht auf dem Niveau einer Truppe ist, die mehrmals die Woche trainiert.
So sollte es aus Motor Süd-Sicht ein lockerer Kick mit "angezogener Handbremse" werden. "Wir wurden eingeladen und wollten vor allem Spaß haben und das Spiel genießen", sagte Coach Felix Meier.
Doch gerade zu Beginn der Partie im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark nutzten die Politiker diese Fahrigkeit. Bei allem freundschaftlichen Charakter: vorführen lassen wollten sie sich auch nicht. Kampfstark und "gallig" gingen sie ins Spiel und sogar mit 1:0 in Führung. Unter den Augen vom Neubrandenburger Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) mussten die Motor-Jungs dann doch ne kleine Schippe drauflegen. Über zwei Mal 30 Minuten hatten sie so dann keine Mühe mehr, setzten sich standesgemäß mit 6:2 durch.
Zwischendurch ebenfalls im Motor-Süd-Trikot auf dem Rasen: Erik von Malottki. Der SPD-Politiker, in dessen Wahlkreis Neubrandenburg liegt, pflegt seit einigen Jahren einen engen Draht zu dem Verein, der sich vor allem in Sachen Integration regelmäßig hervortut. "Vergangenes Jahr beim Integrationsfest hatte ich die Mannschaft eingeladen", erinnert der Abgeordnete, der seit 2021 im Parlament sitzt und beim FC Bundestag kickt. "Gut, dass es jetzt geklappt hat."
Vor dem Spiel am Abend hatte das Büro des Politikers für die Neubrandenburger Gäste noch eine Tour durch den Bundestag samt historischer Ausstellung organisiert. "Das war vor allem für unsere Jungs mit Migrationshintergrund spannend. So haben sie die Geschichte Deutschlands komprimiert und anschaulich kennenlernen dürfen", sagt Motor-Präsident Ulf Krömer.
Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus 2024 war das natürlich ein bedeutendes Ereignis für unsere Mitglieder.
Und in der "dritten Halbzeit" konnten Politiker und Amateurfußballer sich dann in launiger Runde gegenseitig auf den Zahn fühlen - samt Frotzeleien. "Ach du bist in der FDP? Kein Wunder, dass du so viel vereitelt hast", musste sich da einer der Bundestags-Abwehrspieler anhören.
Dazu ging es um Herausforderungen und der Chancen der Integration auf der einen Seite, frei mutig erzählten die Politiker aber auch, warum es vielen Abgeordneten so deutlich an Fitness mangelt. "Man schafft es kaum, Sport zu machen", erzählte Bundestags-Kapitän und Innen-Staatssekretär Mahmut Özdemir (SPD). "Im Wahlkampf vor drei Jahren waren viele von uns auf jeden fall noch ein paar Kilo leichter", schob er grinsend hinterher.
Am Ende sicherte sich der Wirt des Augustiner-Kellers von Motor-Kapitän Maurice Weber noch schnell einen Vereinspullover als Andenken. Die Werbetrommel für Neubrandenburg hatten die Fußballer so ordentlich gerührt - und konnten im Gegenzug eine weitere einmalige Erfahrung machen.
Text: Tim Prahle
