Auftaktkonferenz für Stützpunktvereine in Bayern

Das Programm „Integration durch Sport“ bietet Informationsplattform

Zur Regionalkonferenz 2012 des BLSV-Programms „Integration durch Sport“ in Sulzbach-Rosenberg trafen sich 35 Vertreterinnen und Vertreter der Stützpunktvereine aus ganz Bayern, um sich über Aktuelles und neue Projekte zu informieren.

Zum Einstieg gab Conny Baumann, Landeskoordinatorin des Programms, einen Rückblick auf das vergangene Jahr.

Auf besonderes Interesse stieß dabei die langfristige Perspektive für das Bundesprogramm und die sehr positiven Ergebnisse aus der Arbeit der 75 bayerischen Stützpunktvereine.  Die Auswertung belegt eindeutig, dass mit richtiger Strategie und gezielten Maßnahmen Migrantinnen und Migranten für den Vereinssport und die ehrenamtliche Vereinsarbeit gewonnen werden können. Dieses Ergebnis wird angesichts der Herausforderungen, die der demographische Wandel in den kommenden Jahren auch für Sportvereine mit sich bringen wird, noch wesentlich an Bedeutung gewinnen.

Ergebnisse aus den IDS-Stützpunktvereinen 2011:

Sportgruppen/Sportarten: In den 75 Stützpunkten wurden 423 integrative Sportgruppen gefördert. Von den 228 Übungsleitern, die diese Gruppen betreuten, hatten nahezu die Hälfte  (46%)  einen Migrationshintergrund. Als bevorzugte Sportarten in diesen Gruppen liegt Kampfsport noch vor Fußball an erster Stelle.

Teilhabe: Im Bereich des Ehrenamtes war der Anteil der Migranten, die neu gewonnen werden konnten, damit höher (50,3%) als der der Einheimischen (49,7%). Dies kann als wichtiges Signal für die künftige Vereinspolitik gewertet werden.

Mitgliedergewinnung: Allein 1.100 Neumitglieder sowie 193 ehrenamtlich Tätige mit Migrationshintergrund konnten die 75 Stützpunkte in 2011 gewinnen.

Integrationsleistung: Auch das außergewöhnlich hohe Engagement der Stützpunkte bezüglich der Unterstützung der Zielgruppe über den Sport hinaus wurde in der Auswertung sehr deutlich.

Rahmenbedingungen: Auch die Bewertung der Rahmenbedingungen, die Stützpunktvereine für Migranten bieten, zeigte Schwachstellen wie auch Stärken auf. So stehen, wenn es um die regelmäßige Teilnahme am Vereinsleben geht, noch immer finanzielle Probleme an vorderster Stelle bei den Migranten noch vor der fehlenden Kenntnis der Vereinsstrukturen.

Interkulturelle Öffnung: Sehr positiv stellte sich die Situation der Stützpunkte bezüglich des Prozesses der interkulturellen Öffnung dar. Dieser Veränderungsprozess umfasst alle Bereiche des Vereines und ist daher zahlenmäßig nicht fassbar. Hier wurde  anhand der Nennung verschiedenster Indikatoren deutlich, wie weit viele Stützpunkte bereits auf diesem Weg vorangekommen sind.

Der zweite Seminartag begann mit der Vorschau auf das Programmjahr 2012. Die interkulturelle Bildungsarbeit entwickelt sich  ab diesem Jahr zu einem neuen inhaltlichen Schwerpunkt.  In Form von Qualifizierungsmaßnahmen wie „Minitrainer“ und „Sportassistentin interkulturell“, Seminaren, Tagungen und vielen anderen mehr wird das Aus- und Fortbildungsangebot des Programms „Integration durch Sport“ deutlich erweitert.

Als individuell gestaltete Angebotsformen wurden „Vor-Ort-Seminare“ vorgestellt, die von den Stützpunktvereinen ganz exklusiv und kostenfrei vor Ort beim Programm Integration durch Sport „gebucht“ werden können. Auch interessierte Sportvereine können sich hierfür bewerben.

Vereinskultur

Unter dem Titel „Vereinskultur: Ideen – Impulse - Erfahrungen“ waren im Anschluss alle Seminarteilnehmer zur Mitarbeit  gefordert.

Am Beispiel der Landeshauptstadt München berichtete Ingo Wagner, IDS-Regionalkoordinator, wie  das Thema der interkulturellen Öffnung in einem groß angelegten Pilotprojekt über drei Jahre umgesetzt wurde, und was sich hierbei in den beteiligten Sportvereinen verändert hat.

Oftmals ist den Vereinsvertretern gar nicht bewusst, was sie im Bereich der interkulturellen Orientierung und Öffnung bereits leisten. Daher stellte Ingo Wagner ein Modell vor, anhand dessen sich eine Bestandsaufnahme durchführen und in einer Grafik der Grad der interkulturellen Öffnung anschaulich darstellen lässt. Dabei werden alle Ebenen einer Organisation anhand von unterschiedlichen Indikatoren beleuchtet, sowohl im strukturellen, konzeptionellen und personellen Bereich.

Nach dieser gemeinsamen Einführung in das Themenfeld „Interkulturelle Öffnung im Sport“ ging es in intensive Kleingruppenarbeit, wo alle Teilnehmer gefordert waren, anhand des vorgestellten Modells ihren eigenen Verein und dessen Strukturen im Hinblick auf Vielfalt und interkulturelle Orientierung aus ihrer persönlichen Perspektive zu reflektieren und zu analysieren. Diese Bestandsaufnahme bildete den Ausgangspunkt, der es den Beteiligten ermöglichte, einzuschätzen, wo ihr Verein bereits interkulturell ausgerichtet ist und wo Nachbesserungsbedarf besteht. In den einzelnen Arbeitsgruppen wurden dann erste Strategien entwickelt, welche weiteren Schritte zu tun sind bzw. welche Maßnahmen erfolgen können. 

Dieser intensive Einblick in die individuellen Vereinsmodelle brachte im gemeinsamen Austausch viele neue Erkenntnisse und Impulse für die weitere Integrationsarbeit. Nicht Wenige kamen dabei ins Staunen, wie umfassende Veränderungen die interkulturelle Öffnung in einem Vereinssystem auslösen und wieweit der Mehrwert über das reine Sportgeschehen hinausreichen kann.

Sport der Kulturen: Gorodki, mehr als nur Sport…

Am Nachmittag kam bei herrlichem Sonnenschein endlich richtig Bewegung ins Spiel: Gorodki (www.gorodki.de), eine osteuropäische Spielform, die allmählich auch in Deutschland populär wird, wurde vorgestellt als ein Beispiel, wie bereichernd „zugewanderte“ Sport- und Spielformen aus anderen Kulturkreisen für die deutsche „Sportkultur“ sein können.

Um den interkulturellen Erfahrungsschatz zu erweitern, wurde diesmal eine traditionelle osteuropäische Spielform vorgestellt, die vor allem für die Spätaussiedler ein Stück Kindheitserinnerung weckt. Für die Einheimischen wiederum bietet es einen Anreiz, ein neues Bewegungsangebot kennenzulernen. Ein sozialer, generationsübergreifender Treffpunkt für kulturelle Annäherung beider Seiten ist geschaffen.

In Russland wurde Gorodki bereits im Mittelalter gespielt und war bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts sehr populär.

Das Gorodki-Team aus Baden Württemberg, das mit einer mobilen Gorodki-Anlage nach Sulzbach-Rosenberg anreiste, gab zunächst eine Einführung in die Historie und die Technik des Spiels. Dabei steckte Edwin Feser mit seiner Begeisterung für dieses gesellige Spiel ausnahmslos alle an. Im Anschluss an die Präsentation konnten die Teilnehmer das Gorodki-Spiel  auf der mobilen Gorodki-Anlage selbst ausprobieren.

Die Spielidee: Beim Gorodki wird versucht, mit einem langen Wurfstab die fünf Holzklötzchen, die zu einer bestimmten Figur in 15 Meter Abstand (für Frauen etwas kürzer) aufgebaut sind, aus dem Zielbereich zu schlagen. Es bedarf einer besonderen Technik den Wurfstab so zu werfen, dass die Holzklötzchen aus dem Zielbereich herausfliegen. Dafür hat jeder Spieler zwei Versuche.

1. Bayerische Gorodki-Meisterschaft

Als Höhepunkt des Nachmittags wurde die erste Bayerische Gorodki-Meisterschaft ausgespielt. Das Gelände der Bereitschaftspolizei in Sulzbach Rosenberg war dafür bestens geeignet. Die Seminarteilnehmer wurden in sechs Teams aufgeteilt, die in mehreren Durchgängen spielten. Unter strenger Aufsicht des Schiedsrichters Edwin Feser und des Spielbetreuers Waldemar Gereder bemühten sich die Teams unter Anfeuerungsrufen der restlichen Seminarteilnehmer, regelgerecht, geschickt und elegant zu spielen.

Am Ende gewann nicht die Mannschaft mit der größten Schlagkraft, sondern die mit dem richtigen Dreh für den Stock. Die Teilnehmer hatten sichtlich Spaß und die Mittagspause musste erheblich verlängert werden.

Nach einem leckeren „interkulturellen Buffet“ verabschiedeten sich begeisterte Teilnehmer mit dem Wunsch auf baldige Fortsetzung ins erholsame Wochenende.