Begegnung durch Bewegung

Bewegungsförderung für Frauen mit Migrationshintergrund in der Initiative „Welcome Unisport“ – ein Projekt des Stützpunktvereins Universitätssportvereins Jena e.V. im Bundesprogramm „Integration durch Sport“

BAMF / Sara Tomšić
Jeden Dienstag und Freitag kommen die Frauen zusammen, um gemeinsam zu trainieren.

VON: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Sara Tomšić  

Sport ist ein guter Ausgleich zum stressigen Alltag. Ein Sportkurs in Jena bringt Frauen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen und zeigt: Lachen erhöht die Motivation.

Aus einem grauen CD-Player tönt laute Pop-Musik, Anne Greule steht in der Mitte des Kursraumes, die Arme gestreckt, und geht immer wieder tief in die Hocke. Vor ihr stehen 13 Frauen, alle machen ihre Bewegungen nach. Greule ruft durch die Musik: „Auf geht’s ihr Lieben, noch drei, zwei, eins und lockern“. Die Frauen atmen laut, man hört ein „puh“ und sieht grinsende Gesichter, die sich freuen, dass die Übung geschafft ist. Aber ausruhen gibt’s nicht, weiter geht’s. An diesem Dienstag findet in Jena der Sportkurs „Bewegungsförderung Frauen/Mädchen mit Migrationshintergrund“ statt. Das Projekt des Universitätssportvereins Jena wird über den DOSB im Bundesprogramm "Integration durch Sport" vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert. Seit 2015 bietet der USV Jena Sportkurse für Frauen an, immer dienstags und freitags. Die Teilnehmerinnen mit und ohne Migrationshintergrund versammeln sich zwei Mal die Woche, um gemeinsam zu schwitzen und zu lachen.

Sport als Ausgleich und Begegnung

Anne Greule leitet seit Februar 2016 die Kurse. Sie promoviert in mittelalterlicher Geschichte an der Uni Jena und weiß, wie wichtig es ist, einen Ausgleich im Alltag zu finden: „In unseren Kursen geht es darum abzuschalten. Sport schafft es, dass man alles andere einfach mal vergessen kann.“ Die Gruppe besteht aus Studentinnen und Hausfrauen, Geflüchteten und Deutschen, Frauen mit und ohne Kinder aus unterschiedlichen Altersgruppen. Alle sind sie hier, um gemeinsam Sport zu machen, den Stress zu vergessen und sich etwas Gutes zu tun. Laura Kaden, 24, studiert Soziologie im Master und ist von Anfang an dabei: „Nach jedem Kurs fühle ich mich besser. Ich finde es toll, mal etwas nur für mich und meinen Körper zu machen.“ Auch ihre Kurskollegin Kolthoum Hassan, 48, genießt die Zeit für sich. Sie kam vor einigen Jahren aus dem Libanon nach Deutschland und sagt lachend: „Ich habe sieben Kinder, da wird es im Alltag schon mal stressig“. Der Sport bietet einen willkommenen Ausgleich. Der Alltag der Frauen in diesem Kurs ist ganz unterschiedlich und trotzdem verbindet sie die Lust an Bewegung. Der Kurs besteht aus verschiedenen Elementen: Aerobic, Tanz, Kraft- und Koordinationsübungen. Er ist speziell für Frauen konzipiert, die lange keinen Sport mehr gemacht haben. Hier kann also jede mitmachen, ganz nach ihren Kräften. Der Kurs soll außerdem ein Ort der Begegnung sein und die Möglichkeit geben, sich kennenzulernen und sich auszutauschen. „Sport ist eine sehr niedrigschwellige Art gemeinsam etwas zu erleben“, sagt Anne Greule, „und er bietet die Möglichkeit die neugelernte Sprache auszuprobieren, Vorurteile abzubauen und Gemeinsamkeiten zu entdecken.“

Geschützter Raum für Frauen

Der Kurs ist explizit nur für Frauen. Anne Greule und das Team vom Universitätssport Jena haben dafür bisher viel positives Feedback bekommen: „Es ist wichtig, Frauen einen geschützten Raum zu geben, in dem sie sich körperlich betätigen können“, sagt Greule. Da einige Frauen während des Sports ihr Kopftuch ablegen, ist es unerlässlich, dass Männer zum Kurs keinen Zutritt haben. So hat Kursleiterin Greule veranlasst, dass die Fenster des Sportraumes mit Milchglasfolie beklebt werden, damit niemand hineinsehen kann. Auch Laura und Kolthoum finden den geschützten Raum zum Sporteln gut. „Es ist einfach entspannter nur mit Frauen“, sagt Laura und Kolthoum nickt. „Mit Kopftuch Sport zu machen ist unangenehm, darum ist es für uns muslimische Frauen wichtig, dass wir nur Teilnehmerinnen bei uns im Kurs haben“, sagt sie. Mittlerweile singt Calvin Harris aus dem CD-Player, die Gesichter sind schon rot, aber noch keiner Teilnehmerin ist das Lachen vergangen. Die Frauen stehen im Kreis, um ihre Arme ist ein Sportband gewickelt, das die Bewegung erschwert und für eine höhere Intensität der Übung sorgt. Die Arme der Teilnehmerinnen gehen auf und zu, auf und zu, so wie es Anne Greule vormacht. Die Kursleiterin motiviert ihre Truppe: „Klasse, weiter so“. Die Frauen lachen und feuern sich gegenseitig an.

Erfolg ist ein wichtiges Gefühl

Am Ende des Kurses sind alle aus der Puste aber glücklich. „Das Erfolgserlebnis nach dem Sport ist ein wichtiges Gefühl“, sagt Greule, „so erleben die Frauen, dass Bewegung etwas bringt, dass man alles schaffen kann, was man sich vornimmt und dass man stolz auf sich sein kann.“ Je öfters die Teilnehmerinnen den Kurs absolvieren, desto einfacher fallen irgendwann die Übungen. Man spüre den Erfolg der eigenen Arbeit, das sei das Großartige am Sport, sagt die Kursleiterin. Nach der letzten Übung wird zur Entspannung gedehnt, erst die Arme, dann die Beine, dann der Rücken. Zum letzten Lied stehen alle auf: Fertig für heute. Die Frauen klatschen sich gegenseitig ab - High Five. Wir haben es geschafft! Jetzt kann der Alltag ruhig kommen.

Quelle: BAMF, Text und Foto: Sara Tomšić

Eine Übersicht über alle Projekte des Monats finden Sie unter: http://www.bamf.de/DE/Willkommen/Integrationsprojekte/ProjektDesMonats/projektdesmonats-node.html


  • BAMF / Sara Tomšić
    Jeden Dienstag und Freitag kommen die Frauen zusammen, um gemeinsam zu trainieren.
  • BAMF / Sara Tomšić
    "Sport ist eine sehr niedrigschwellige Art gemeinsam etwas zu erleben", sagt Anne Greule, "und er bietet die Möglichkeit die neugelernte Sprache auszuprobieren, Vorurteile abzubauen und Gemeinsamkeiten zu entdecken."