Wenn Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Nationalität und verschiedener sozialer Schichten sich heute auf dem Goetheplatz treffen, dann geht es meist friedlich zu. Sie spielen miteinander Fußball, Tischtennis, laufen Inline-Skates oder fahren Gokart. Das war nicht immer so. Doreen Becker, die Streetworkerin der Stadt, erzählt: „Vor ein paar Jahren gab es am Goetheplatz viel Ärger, Vandalismus war keine Seltenheit, viele Jugendliche hatten keine Perspektive, ihr Verhalten war dementsprechend.“
Deshalb nahm sich Doreen Becker der jungen Leute an, hörte ihnen zu. Gemeinsam mit dem Jugendzentrum Neustadtzentrum und den Jugendlichen initiierte sie das G-Worker-Projekt. Sie machten die Jugendlichen also zu Helfern am Goetheplatz. „Wer eine sinnvolle Beschäftigung hat, hat keine Zeit für Unsinn. Und wenn auf dem Goetheplatz die coolen Jungs die Jüngeren nicht anpöbeln, sondern mit ihnen spielen, ist das für alle ein Gewinn.“
Neue Heimat
So manch einer hat diese Idee anfangs belächelt. Doch die Streetworkerin sollte Recht behalten – genau wie im Jahr 1999. Damals wurde der SV Goethe für auffällige Jugendliche gegründet. Becker erinnert sich: „Der heutige Vereinsvorsitzende Murat Koyuncu kam damals auf mich zu und bat um Hilfe. Seine Clique war aus etablierten Vereinen ausgeschlossen worden und die jungen Leute suchten eine Möglichkeit, weiterhin Basketball zu spielen.“ Mit Unterstützung durch den Bereich Kinder- und Jugendschutz/ Streetwork der Stadt Mainz wurde deshalb 1999 der Verein SV Goethe e.V. gegründet, in dem zunächst auffällige Jugendliche unter besonders intensiver Betreuung ihre favorisierten Sportarten durchführen konnten. „Das funktionierte, nicht zuletzt deshalb, weil Murat seiner Clique eine klare Ansage machte: ,Wenn ihr eine Straftat begeht, andere Spieler bedroht oder ähnliches, rufe ich die Polizei ́.“ Danach, so sagte Doreen Becker, habe es keine Probleme mit deren Verhalten während der Spiele beziehungsweise davor und danach gegeben.
Inzwischen ist der Verein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und sorgt nicht nur mit einem breiten Sportangebot, sondern auch mit Präventionsmaßnahmen wie zum Beispiel den G-Workern oder dem Projekt „Suchtprävention/alkoholfreie Cocktails“ dafür, dass Kinder und Jugendliche vieler Nationalitäten und unterschiedlicher sozialer Schichten zusammenbekommen.
Einer, der maßgeblichen Anteil daran hat, dass es am Goetheplatz ruhiger geworden ist, ist Daniele Mancuso. Der heute 20-jährige hat zwar nie selbst Mülltonnen angezündet, war aber quasi unter den Jugendlichen. Er war einer der Ersten, der mit Doreen Becker ins Gespräch kam und Gefallen an der Idee G-Worker fand.
Die Helfer am Goetheplatz müssen unterschiedliche Module durchlaufen (Konfliktschlichtung, Schülerassistentenausbildung, Eventorganisation): Im Zentrum der Aktivitäten der G-worker stehen die für alle Kinder offenen und durch die jugendlichen „G-Worker“ betreuten Spiel- und Sportangebote, welche auf dem Goetheplatz jeweils mittwochs von 16 bis 18 Uhr allen Interessenten zur Verfügung stehen. Zu diesen Zeiten sind zwei G-Worker und zwei pädagogische Leiter des Projektträgers SV Goethe e.V. im G-Worker-Raum beziehungsweise am Goetheplatz präsent, die vom Jugendzentrum Neustadtzentrum gestellt werden, um teilnehmende Kinder zu betreuen und diesen Spiel- und Sportgeräte auszugeben.
Alternative zu Alkohol
Daniele Mancuso ist beim SV Goethe zum wichtigen Mitarbeiter geworden, wie die zweite Vorsitzende des Vereins, Ursula Chatfield, bestätigt. Daniele engagiert sich nicht nur auf dem Goetheplatz, er wirkt auch beim Alkohol-Präventionsprojekt mit.
„Auch wenn inzwischen der Alkoholkonsum von Jugendlichen rückläufig ist, ist die Zahl derer, die sich ins Koma trinken, immer noch sehr hoch.“, sagt Doreen Becker und Daniele Mancuso ergänzt: „Wir bieten deshalb an unseren Saftstrand attraktive alkoholfreie Alternativen an und besuchen mit diesem Angebot unterschiedliche Stadtteilfeste wie zum Beispiel die Herbstmesse, die Johannisnacht oder das Open Ohr Festival.“ Und noch ein Angebot ist der stellvertretenden Vereinsvorsitzenden Ursula Chatfield wichtig: Mädchensport, wie der Name schon sagt versuchen sich hier ausschließlich Mädchen an Ballsportarten und Bewegungsspielen, turnen gemeinsam oder machen Gymnastik. „Wir lassen nur Mädchen in die Turnhalle. Der Trainingsraum ist von außen auch nicht einsehbar, sodass wir auch der muslimischen Religion Rechnung tragen, schließlich gibt es gerade in der Neustadt viele Muslime“, sagt Doreen Becker.
Auf Spenden angewiesen
Ideen für weitere Angebote gibt es viele. Doch das scheitert meist am Geld. Der Verein ist auf Spenden angewiesen. „Uns ist es wichtig, die Jugendlichen von der Straße wegzubekommen, ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben“, sagt Ursula Chatfield. Zudem wolle man den jungen Menschen ein Gefühl von Geborgenheit und Heimat geben. Da dürfe Geld keine Rolle spielen. Ehrenamtliche Helfer stehen zur Verfügung.
SV GOETHE MAINZ E.V.
Ziele
Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und ihnen Kompetenzen zur Lebensbewältigung mitzugeben ist das Ziel des SV Goethe Mainz e.V.. Viele der Jugendlichen, die an den Angeboten und Projekten teilnehmen, zeigen ein auffälliges Sozialverhalten, obwohl sie bereits in der Schule oder in ihrer Freizeit an Maßnahmen mit der Zielsetzung, soziale Fähigkeiten zu fördern, teilgenommen haben. Die theoretischen Kenntnisse im Alltag anzuwenden, fällt ihnen aber schwer. Der SV Goethe e.V. arbeitet deshalb mit Mediatorinnen zusammen, die gewaltfreie Konfliktlösungen gemeinsam mit den Jugendlichen erarbeiten.
Finanzierung
Der Verein finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, private Förderer, Verkauf von Essen und Getränken auf Volksfesten, Spenden und Preisgelder für einzelne Projekte. Die Neustädter Tanzgruppen werden zum Großteil durch das Projekt „Gesundheitsteam vor Ort“ finanziert. Fast alle Angebote des Vereins sind kostenlos für die Mitglieder. Lediglich für das Basketballangebot muss als Auflage des Sportbundes ein Monatsbeitrag von 2,50 Euro für Jugendliche bis 18 Jahren und 4,50 Euro für Erwachsene verlangt werden. Um vom vereinsinternen Mitgliedsbeitrag befreit zu werden, können Kinder und Jugendliche bei unterschiedlichen Aktionen mithelfen.
Angebote
- Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren treffen sich jeden Mittwoch von 17:30 bis 19 Uhr zum Mädchensport in der Sporthalle der Goethe- Grundschule.
- Breakdance für Kinder von 5 bis 12 Jahren im Haus der Jugend, Mitternachtsgasse 8, immer dienstags von 16 bis 18 Uhr.
- Breakdance für Jugendliche jeden Dienstag um 16 Uhr im Haus des Jugendrechts in Mainz. Seit fünf Jahren besteht auch die Gruppe Abnormal Crazy Inimitable Monkeyz (A.C.I.M.) Sie wurde im September Vize-Weltmeister. Trainerin ist Ece Bas.
- Basketball wird beim SV Goethe Mainz seit seiner Gründung ununterbrochen gespielt. Derzeit spielt das Herren-Team in der Landesliga. Im Jugendbereich fehlt es manchmal an der Zuverlässigkeit der Teammitglieder, deshalb sind Neueinsteiger willkommen.
- Offenes Fußball- und Basketballangebot in den Ferien auf der Freisportanlage Goetheschule.
-Offenes Basketballangebot für Kinder und Jugendliche ab sechs Jahren, samstags von 14 bis 16 Uhr, in der Halle der Goetheschule.
Projekte
- Jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr übernehmen G-Worker auf dem Goetheplatz die Spielausgabe. Unter anderen werden Bälle, TT- Schläger, aber auch Gokarts verliehen.
- Präventionsscouts beteiligen sich mit einem Saftstand an verschiedenen Stadtteilfesten und bieten Alternativen zum Alkohol an. Zum Saftstand gehören auch Spielangebote mit Alkoholbrillen, ein Quiz und ein Fragebogen zum Thema Alkohol.
Ansprechpartner
Informationen bei Streetworkerin Doreen Becker, Telefon: 06131/58 61 021
Spendenkonto
Sportverein Goethe e.V.
Mainzer Volksbank eG, MVB
IBAN: DE 48 5519 0000 0395 2720 16 BIC: MVBMDE55
