Boxen, Kicken, Wertevermittlung – kein Widerspruch!

Denn wenn der Trainierende einzuschätzen gelernt hat, was ein Boxhieb oder Tritt bei seinem Gegenüber anrichtet - und das wird im Kickboxsport vermittelt, wird sich nicht prügeln und andere Wege zur Konfliktlösung finden. Gewaltprävention, Respekt, gelebtes Miteinander und Sport in den Facetten Freizeit-, Breiten und Leistungssport: dafür stehen neben den bekannten Mannschaftssportarten auch die Kampfsportvereine im Allgemeinen und die Kickboxer in Hessen im Besonderen.

Die Teilnehmer der Trainer-C-Ausbildung im HKBV-Leistungszentrum in Darmstadt, Jimmy Iwinsky (2.v.l.) und Oliver Hahl (2.v.r) (Quelle: Sportjugend Hessen)
Die Teilnehmer der Trainer-C-Ausbildung im HKBV-Leistungszentrum in Darmstadt, Jimmy Iwinsky (2.v.l.) und Oliver Hahl (2.v.r) (Quelle: Sportjugend Hessen)

So ist es nicht verwunderlich, dass sich unter den zahlreichen anerkannten Stützpunkt-Sportvereinen des  Programms „Integration durch Sport“ in der Sportjugend Hessen auch einige Sportvereine mit dem relativ jungen Kampfsportangebot Kickboxen befinden. Beispielsweise sind dies TV Jahn Sinn und TV Germania Rhoden. Weitere „IdS“-Partner-Sportvereine wie Budo-Do Tameshi Darmstadt oder Kampfkunstverein Bad Hersfeld agieren seit Jahren im Sinne von „Integration durch Sport“ und schaffen es durch attraktive Angebote und unkonventionelle Ansprachen, gerade Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund für ihren Sport zu gewinnen.

Weg vom mediengeprägten Haudrauf-Image 

Das geht natürlich nicht ohne qualifizierte Trainer. Deshalb ist dem Hessischen Kickboxverband die breitbandige Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses und der erfahrenen Sportler zu lizenzierten Übungsleitern ein besonderes Anliegen, selbstverständlich nach DOSB-Richtlinien. Damit ist klar, dass die aus klassischem Boxen und den Tritttechniken asiatischer Kampfsportarten kreierte Sportart nichts mit gleichnamigen Hollywood-Filmen zu tun hat. Eben ein Sport wie jeder andere mit Regeln, Grundsätzen und präventiven Zielsetzungen, Nachwuchsförderung und gesundheitsfördernden Aspekten, der den gesamten Organismus und alle Muskelgruppen anspricht.

Soziale Aspekte in der ÜL-Ausbildung

Insofern ist die aktuelle Trainerausbildung des Hessischen Kickboxverbandes am fünften  Ausbildungswochenende Anfang September in Darmstadt vergleichbar mit derjenigen anderer Fachsportverbände. Und auch wieder nicht, denn: Jimmy Iwinski und Oliver Hahl, HKBV-Lehrwarte, hatten Peter Schreiber, Regionalkoordinator des Programms „Integration durch Sport“ eingeladen, der zum Thema „Interkulturelle Kompetenz im Sport/Sport interkulturell“ referierte. Sport mit heterogenen Gruppen gehört im Fachverband hessenweit längst zum Alltag.  An der gesellschaftlichen Relevanz von Interkulturalität im Sport und der Notwendigkeit interkultureller Kompetenzen kommt der Sportler (w./m.) als künftiger lizenzierter Trainer nicht vorbei. Das haben der HKBV und die angeschlossenen Sportvereine früh erkannt und nutzen den Erfahrungsschatz der IdS“-Mitarbeiter nun für die Trainerausbildung.

Die Schwerpunkte des Referenten waren deckungsgleich mit den Bereichen, die die Gruppe im Austausch und Diskurs untereinander erarbeitete: Erkennen kultureller Vielfalt als Chance und ihr Wert als Ressource, der offene Kulturbegriff sowie die Spielregeln kultursensibler Kommunikation. Insbesondere die Elternarbeit und der zuweilen schwierige Kontakt zu den Eltern mit Migrationshintergrund bereitete den angehenden Trainern Kopfzerbrechen, was durch pragmatische Vorschläge für interessante Handlungsalternativen entschärft wurde. 

Obwohl die Teilnehmer ganz überwiegend von positiven Erfahrungen und Erlebnissen mit Menschen mit Migrationshintergrund/sozial Benachteiligten im Sport berichteten, war es ihnen gleichwohl wichtig zu wissen, was es im interkulturellen Kontext zu beachten gilt.

Schreiber verwies hierbei auf die Tatsache, dass Trainingsstunden in aller Regel von Kommunikation geprägt sind – und dabei kann vieles schief gehen! Wie interpersonale Kontakte herzustellen sind und vorurteilsfrei gehalten werden, dass der nonverbale Anteil am Miteinander nicht zu unterschätzen ist und zur Einordnung meines Gegenüber Kenntnisse über kulturelle Vielfalt hilfreich sind, verdeutlichte der IdS-Mitarbeiter anhand mehrerer Beispiele aus dem Vereins-/Alltag.

Spannungsfreies Miteinander als Kernkompetenz

Insofern gehört die Kommunikative Kompetenz, und hier waren sich die Teilnehmenden einig, zu den zentralen Kompetenzen in der Interaktion mit Menschen aus diversen Kulturen.

Zusätzlich sind Empathie, Offenheit, Flexibilität (Toleranz, nicht unbedingte Akzeptanz fremder Aussagen und Meinungen) sowie das Aushalten unbekannter Situationen, das Untermauern des eigenen Standpunktes gegen Widerstände (Ambiguitätstoleranz) und Konfliktfähigkeit unabdingbare Voraussetzungen, damit interkulturelle Begegnungen keinen Schiffbruch erleiden. Bemerkenswert: ca. 80% aller Begegnungen verlaufen spannungsfrei.

Abschließend plädierte Schreiber dafür, im Austausch mit Menschen diverser Herkunft vor allem drei Aspekte zu beachten: bei Konflikten Neutralität bewahren, offen und ehrlich `rüber kommen, Empathie zeigen und sich selbst ab und an in Frage stellen. Klar wurde aber auch, dass die Fallstricke bei interkulturellen Kontakten so zahlreich sind, dass auch der interkulturell geschulte Trainer nicht alle als solche erkennt und immer situationsgerecht reagieren kann. Doch auch hier gilt wie im normalen Trainingsalltag: erkennen, verarbeiten und umsetzen. Übung macht den Meister!    

Weitere Informationen zur Fortbildung „Sport interkulturell“, die an diesem Tag auszugsweise vorgestellt wurde, sind erhältlich bei:

Sportjugend Hessen, „IdS“-Regionalbüro Nord- und Osthessen; T.: 05635 – 992615; E-Mail: PSchreiber(at)sportjugend-hessen.de


  • Die Teilnehmer der Trainer-C-Ausbildung im HKBV-Leistungszentrum in Darmstadt, Jimmy Iwinsky (2.v.l.) und Oliver Hahl (2.v.r) (Quelle: Sportjugend Hessen)
    Die Teilnehmer der Trainer-C-Ausbildung im HKBV-Leistungszentrum in Darmstadt, Jimmy Iwinsky (2.v.l.) und Oliver Hahl (2.v.r) (Quelle: Sportjugend Hessen)