Gesichter-Mettenhofs

Gesichter Mettenhofs: Sergey Monastyrskyy im Programm "Integration durch Sport" begann im August als Erzieher im Jugendtreff "Kiste".

 

Ein "Diktator" in der Boxsport-Trainingshalle in Mettenhof als Methode der Pädagogik.

Am Samstag, dem 21.11.2009 fand in Kiel die Universum-Box-Night statt. Unter anderem kämpften Zsolt Erdei und Vitaly Tajbert in ihren Gewichtsklassen um die Weltmeistertitel, und zwar beide erfolgreich.
Im Vorfeld dieses Ereignisses besuchten die Weltklasseboxer das „Haus der Jugend - Jugendtreff Kiste Mettenhof“, ein Anlaufpunkt für Jugendliche in der Hofholzallee 280.

Mettenhof ist im Boxsektor kein unbeschriebenes Blatt, im Jugendtreff Kiste trainieren talentierte, junge Frauen und Männer, um den Weg zum Erfolg zu beschreiten. Das unscheinbare Gebäude kann getrost als Meisterschmiede bezeichnet werden, sieht man sich die erfolgreichen Geschichten der Boxer an.

Sergey Monastyrskyy ist mit seinen 30 Jahren noch ein junger Trainer, hat jedoch ein Händchen für talentierte Boxer. „Zum Boxen kommen Leute, die niemals Geige spielen werden“, so der Trainer, der auch für das Programm „Integration durch Sport“ des Landessportverbandes und des Deutschen Olympischen Sportbundes arbeitet, im Interview. Die Sportart ist ohne Zweifel eine sehr klischeebehaftete, und das häufig zu Unrecht. Schon lange sind die Zeiten vorbei, in denen Boxen eine Hinterhofveranstaltung war, die sich hauptsächlich im Rotlichtmilieu abspielte.

Unter den Schützlingen von Sergey boxen viele junge Menschen, die nicht nur im Ring erfolgreich sind, sondern auch in der Schule und im Studium mit guten Noten glänzen. Der studierte Pädagoge ist zu Recht stolz auf seine Jungs und Mädchen.

Mit Monastyrskyy haben sie einen wirklich guten Trainer erwischt. Seine strengen Trainingsmethoden stehen für den Erfolg der Mettenhofer Amateurboxer. In den letzten sechs Jahren kamen 20 unterschiedliche Landesmeister aus unserem Stadtteil, einige von ihnen wiederholten diesen Erfolg in Serie. Aktuell stehen 8 Landesmeister in eben so vielen Meisterschaftsklassen unter Sergeys Anleitung im Boxring. „Beim Training bin ich Diktator“, sagt er frei heraus mit einem Lächeln auf den Lippen. Diese Diktatur trägt allerdings schöne Früchte.

Es gibt genau zwei Punkte, aus denen seine Jungs und Mädels ihre Motivation ziehen: Leistung und Disziplin. Disziplin steht für ihn an oberster Stelle, denn diese braucht man nicht nur im Ring, sondern überall im Leben ist es wichtig, sich an bestehende Regeln zu halten. Aus der Disziplin ergibt sich die Leistung. Wer diszipliniert trainiert, steigert seine Leistung fast schon automatisch, und steigende Leistung bringt neue Motivation.

Auch über unsere Landesgrenzen hinaus sind die jungen Boxer, die offiziell zum Sportverein TSV Plön gehören, erfolgreich. Der 17 jährige Venjamin Sotskov ist Deutscher Meister in seiner Altersklasse, eine beachtliche Leistung. Ebenfalls sind noch Arton Krasniqi und Ashot Oganian zu erwähnen, beide in ihren Klassen Serienlandesmeister, Norddeutsche Meister und Teilnehmer an der deutschen Meisterschaft.

Sergey Monastyrskyy ist aber nicht nur der große Diktator. Wenn er die Halle verlässt, wird er zum fürsorglichen Pädagogen, der seinen Schützlingen in jeder Situation zur Seite steht. Er hilft ihnen in schulischen Belangen und greift ihnen unter die Arme,  sei es bei dem  ersten Behördengang im deutschen Paragraphendschungel oder anderen wichtigen Dingen in ihrem Leben.
.
Er motiviert seine Jungs und Mädchen dazu, ihr Leben nicht schleifen zu lassen. Eine Geschichte erzählt er uns gern, die von einem Jungen handelt, der auf der Hauptschule schlechte Noten hatte und sich für ein Praktikum als Fleischer entschied. „In dem Praktikum schnitt er sich in den Finger und kam zu mir, sagte mir traurig, er wolle nicht alle seine Finger verlieren, wenn er dort zukünftig arbeiten würde. Ich gab ihm den Rat, dass er sich anstrengen soll, für die Schule einsetzt und nicht aufgeben darf.“ Er machte weiter, schaffte seinen Hauptschulabschluss, seine Realschule, machte sein Abitur und steckt jetzt in der Ausbildung in einem großen Immobilienunternehmen, mit dem Ziel, danach zu studieren.

Diese Dinge sind es, die Sergey gerne hervorhebt. Boxer sind keine dummen Menschen, die sich miteinander prügeln, primitiv und ohne Gehirn. Viele intelligente Lichter gibt es im Ring, die ihren Weg beschreiten und statt zum Beispiel gegen einen Lederball zu treten sich dafür entschieden haben, mit gepolsterten Fäusten den Wettkampf Mensch gegen Mensch zu bestreiten.

Eines sollten sich die Jugendlichen aber gleich vor Augen führen, wenn sie Interesse haben, unter Sergeys Leitung ebenfalls in den Boxring zu steigen. Der Trainer und Vater zweier selbst sportlich aktiven Kinder, ist wählerisch und hat einen geübten Blick dafür entwickelt, wem er vertrauen kann und wem nicht. Er schaut den Kindern und Jugendlichen in die Augen und erkennt, wenn es jemandem nur um Schlägerei und Coolness geht. Die Jugendlichen möchte er nicht in seinem Trainingskader haben, das sagt er auch unmissverständlich. Auch kam es bereits vor, dass Verwandte von abgewiesenen Jugendlichen zum Training kamen und Druck auf Monastyrskyy ausüben wollten, doch er  bleibt unbeirrt bei solchen Entscheidungen. Denn genau solche Reaktionen verdeutlichen nur, wie Recht er doch mit seiner ersten Einschätzung hat.

Er ist auch genau so offen, wenn es um mögliche Erfolge und Niederlagen geht. Sieht er als erfahrener Trainer, dass die nächst höhere Meisterschaft mit Gegnern gespickt ist, die besser als sein Schützling sind, dann sagt er es ihm. Ohne verschönende Worte teilt er ihnen mit, dass es wenig Sinn macht, zum Beispiel nach einer mehrjährigen Pause und 20 absolvierten Amateurkämpfen einen Kampf gegen jemanden zu bestreiten, der durchgeboxt und weit über 200 Kämpfe hinter sich hat. Gerade hier greift die von ihm so gelobte Disziplin, denn seine Schüler akzeptieren die Aussagen, ohne zu murren und hören auf ihren Trainer.

Sergey pflegt einen sehr guten Kontakt zu den Mitgliedern des Boxstalls Universum, die, wie eingangs erwähnt, drei Tage vor dem großen WM-Spektakel in der Sparkassenarena sich extra die Zeit nahmen, einen Abstecher in den Jugendtreff zu machen. Der Trainer stellte den ersten Kontakt her, doch Universum investiert auch selbst viel in die Jugendarbeit. Ein Zitat von der Webseite des Veranstalters:

„Der Horizont von Universum Box-Promotion und seinen Boxern reicht aber auch weit über die Ringseile hinaus. Ob Felix Sturm, Zsolt Erdei, Ina Menzer oder auch immer noch Regina Halmich - sie alle engagieren sich für Kinder in Notlagen, für Gewaltprävention, z.B. in der "Aktion Sport statt Gewalt", für Sozialbenachteiligte oder Opfer von Kriminalität und der AIDS-Prävention. Universum-Boxer treten regelmäßig in verschiedenen Fernsehformaten auf, haben Rollen in Serien, Spielfilmen und Hollywood-Produktionen. Im Gegenzug garnieren boxbegeisterte Prominente, Stars und Sternchen das Rahmenprogramm der "Universum Champions Night".“

Für die Mitarbeiter dieses erfolgreichen Boxstalls ist es eine Selbstverständlichkeit, Kinder und Jugendliche in deren Clubs zu besuchen, ihnen für Fragen zur Verfügung zu stehen und als leuchtendes Vorbild zu dienen. An diesem Mittwoch Abend kamen die Boxer Gennady Golovkin und Dimitri Sartison, sowie ihr Trainer Magomed Schaburow. Es war erfreulich zu sehen, dass für die Profis nicht nur ein weiterer Pflichttermin war, sondern sie zeigten sich ehrlich interessiert und informierten sich über den Jugendtreff. Sie verteilten Autogramme und standen für Fotos zur Verfügung. Sergey führte die Gäste in dem Jugendtreff umher und sie nahmen sich so viel Zeit heraus, wie sie es im Rahmen ihrer Möglichkeiten konnten.

Für den Jugendclub war dieser Besuch eine große Sache, schließlich kommen nicht jeden Tag angehende und im Endeffekt aktuelle Weltmeister vorbei. Als vor 8 Jahren Vitali Klitschko im Jugendtreff Bad Schwartau zu Besuch war, kamen über 300 Jugendliche. Der Jugendclub Kiste liegt versteckt in einem ruhigen Gebiet und ist Anlaufpunkt nicht nur für die boxende Jugend. Viele junge Menschen finden sich dort ein, um nicht einfach nur sinnlos auf der Strasse rumzuhängen. Sie können Kontakte knüpfen und finden neue Freunde. Die Mitarbeiter der Kiste sind beim Kirchenkreis Ostholstein angestellt, haben jederzeit ein offenes Ohr für die Kids, lassen sie nicht hängen. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass die Kiste schulisch begleiten will, hilft also auch bei schulischen Problemen, z.B. durch Hausaufgabenhilfe.
 
Die Sportvereine machen sich das Leben leicht, denn Sergey ist genau wie die anderen Boxtrainer für Amateure in unserem Bundesland nur ehrenamtlich tätig. Sieht man sich die Erfolge an, stellt sich einem die Frage, warum es nicht möglich ist, auch finanziell den Menschen und Organisationen unter die Arme zu greifen. Wären wenigstens Sponsoren da, die die Vereinskasse etwas auffüllen würden, doch auch daran mangelt es laut Sergey. Es muss ja nicht unbedingt ein großer Sponsor sein, doch der ein oder andere kleine Sponsor würde vielleicht schon dafür sorgen, dass Sergey seine Boxschülerinnen und –schüler noch effizienter ausbilden kann.

Sergey hat an dem Boxtraining keinen finanziellen Verdienst, und doch setzt er sich voll und ganz so ein, dass die Erfolge hereinpurzeln. Daraus lässt sich nur eines schließen: Er hat einen riesigen Spass daran, die Kinder und Jugendlichen zu trainieren, sie auf ihrem Weg zu begleiten und zum Erfolg zu führen. Es gibt ein starkes Gruppengefühl unter ihnen, Neid und Missgunst sucht man vergebens. Er weiss ganz genau, wann Grenzen erreicht sind und er scheut sich auch nicht davor zurück, das Handtuch zu werfen, wenn es von Nöten ist. Nicht eine einzige schwerwiegende Verletzung gab es in seinem Boxstall, bis auf einen Nasenbruch. Der kam aber nicht durch einen Boxkampf, sondern durchs Fußballspielen.

Boxer haben ein großes Selbstvertrauen und –bewußtsein. Der Kampf Eins gegen Eins fördert diese Denkweise und  stärkt die Sportler nicht nur körperlich. Ein starkes Selbstbewusstsein hilft in jeder Lebenssituation, solange es nicht Überhand nimmt. Darauf achtet Sergey und schreitet gegebenenfalls ein, mit mahnenden Worten.

Am Ende sei gesagt, dass Sergey Monastyrskyy ein dickes Lob für seinen Einsatz für die Jugendlichen und den Boxsport in Kiel Mettenhof verdient. Obwohl er nur eine Aufwandsentschädigung vom LSV für seine Arbeit bekommt, steht er jede Woche wieder am Ring und gibt alles, damit seine Boxer weiter kommen. Schade ist, dass nur wenig über die Mettenhofer Boxer bekannt ist, doch werden wir alles dran setzen, um diesen Zustand zu ändern, und dieser Beitrag soll der Startschuß dafür sein.

 Ein Schritt in die richtige Richtung könnte die Zusammenarbeit mit dem TSV Melsdorf sein. Mit dem 1. Vorsitzenden werden sich Sergey Monastyrskyy und Karsten Lübbe vom LSV-Programm Integration durch Sport am 14. Januar 2010 im LSV treffen und eine Stützpunktvereinbarung besprechen.

 

Nach Vorlage von Kai Gemein st@rtbüro

Karsten Lübbe