Glindes Boxer bekommen eine eigene Halle

Die TSV-Abteilung des Stützpunktvereins im Bundesprogramm Integration durch Sport freut sich über einen regen Zulauf. Trainiert wird übergangsweise in einem Kellerraum des Sportzentrums.

Der TSV Glinde wurde für sein langjähriges Engagement in Sachen „Integration durch Sport“ am 02.November 2016 in Kiel mit dem Deutschen Bürgerpreis in der Kategorie „Alltagshelden“ ausgezeichnet. Mit insgesamt 13 Projekten hat sich der TSV Glinde in den letzten Jahren sehr erfogreich für die Integration in den Sport von Migranten/innen, Menschen mit Handicaps und Benachteiligten eigesetzt. So bietet der TSV Glinde Schwimmen lernen für Frauen aus der Türkei und Afrika an!!

In den Katakomben der Sportanlage des TSV Glinde herrscht eine außergewöhnliche Athmosphäre. "Pures Boxfeeling", sagt Marcus Liermann mit einem Lächeln. "Anders kann ich das Gefühl nicht beschreiben."Der Leiter der Boxabteilung wagt sogar einen Vergleich zur Hamburger Kiez-Kneipe "Zur Ritze" und ihrem legendären Kellr mit Boxring. "Die nackte Betondecke, die tristen Steinwände und recht karge Ausstattung des Raumes versprühen Charme, der mich schon sehr an die Kultstätte in St. Pauli erinnert", sagt der 32-Jährige.

Den derzeitigen Übungsraum nutzen die Glinder Boxer allerdings nur vorübergehend. Bis vor gut einem Jahr noch flogen in der Sporthalle der Grundschule am Tannenweg die Fäuste, da die Sportstätte Flüchtlingen als Unterkunft diente. Die Planungen des Vereins, für seine Kampfsportabteilungen im Sportzentrum eine eigene Übungshalle einzurichten, laufen mittlerweile auf Hochtouren. 160.000 Euro hat der TSV für das Vorhaben veranschlagt. Die Aktivregion Sieker Land Sachsenwwald beteiligt sich mit 60.000 Euro, der Landessportverband mit 32.000 Euro. "Bei der Stadt Glinde haben wir 20.000 Euro als Zuschuss und die gleiche Summe noch einmal als Darlehen beantragt", sagt der Geschäfstführer Joachim Lehmann. "Den Restbetrag finanzieren wir aus Eigenmitteln."

Der Vereinsmanager ist zuversichtlich, mit dem Umbau imkommenden Jahr zu beginnen. Für Trainerin Nicole Timmann wäre ein eigener Übungsraum ein Schritt in die richtige Richtung. "Seit Wiederbelebung der Boxsparte vor rund vier Jahren (Anm. der Redaktion: u.a. durch das Programm und den freiwillig engagierten Mitarbeiter Michael Wolfsohn), verfolgen wir das Ziel, möglichst viele Boxer für Wettkämpfe auszubilden", sagt die Inhaberin der Trainer-C-Lizenz. Mit Valdrin Nuredini und Alexander Aldag nahmen Anfang Oktober bereits zwei Boxer aus Glinde an den Hamburger Meisterschaften teil, während Steffen Willhöft Ende dieses Monats anlässlich eines Kampfabends in Hamburg sein Debüt im Boxring gibt. Mittlerweile boxen auch geflüchtete Männer im Training mit. 

In Glinde hat der Boxsport eine lange Geschichte. 1991 stieg der Verein sogar in die Zweite Bundesliga auf. Bis zu 1.000 Zuschauer verfolgten die Kampfabende. nach dem Abstieg hielten sich die Stormarner noch einige Zeit in der Oberliga, ehe das Geld der Sponsoren ausblieb und die Sparte aufgelöst wurde. 2003 wurde die Abteilung wieder zum leben erweckt - allerdings nur für kurze Zeit. 2012 folgte ein weiterer und weitaus erfolgreicher Versuch.

Mittlerweile ist die Abteilung auf knapp 40 Mitglieder angewachsen. Timmann:" Wer keine Kämpfe bestreiten möchte, ist ebenfalls herzlich willkommen", sagt die 39-Jährige. "Ich setze aber voraus, dass jeder im Training seinem Körper alles abverlangt, dabei nicht nur an seine Grenzen, sondern manchmal auch darüber hianus geht." Timmann kennt sich aus in Hamburgs Boxszene (Anm. der Red.: Der TSV Glinde gehört dem Hamburger Boxfachverband an). Vereine wie Bushido, Boxbunker, Boxschmiede oder Feuersports waren nur einige ihrer Stationen. "Frauenboxen führte Anfang der 1990er-Jahre in Deutschland ein Schattendasein und war nicht gesellschaftsfähig", erzählte Timmann.

Dass sie sich als Boxerin in einer reinen Männerdomäne durchgesetzt hat, verdankt sie ihrem Trainer Owen Reece. Viele Jahre trainierte sie gemeinsam mit dem ehemaligen Profiboxer. Dabei lernte sie alle Finessen des Boxsports kennen. Als Mitglied des TH Eilbeck erwarb sie vor neun Jahren die Trainerlizenz.

Der pure Zufall führte sie zum TSV Glinde. "Ich war in einem Glinder Fitnessstudio als Trainerin tätig, als dieses Konkurs anmeldete", erzählt Timmann. "Von heute auf morgen stand ich mit meiner Trainingsgruppe praktisch auf der Straße." Kurzerhand griff sie zum Telefonhörer und wählte die Nummer der TSV-Geschäftsstelle. Von dem Vorschlag, die Boxsparte im Verein zu erweitern, war Lehmann auf Anhieb begeistert.

Mit einem vergleichbaren Enthusiasmus meisterte die stetig wachsende Abteilung bisher sämtliche Probleme. Das spürte auch Boris von Lüttwitz, den die in den Katakomben untergebrachte Trainingsgruppe sofort begeisterte. Eigentlich wollte der 47 jahre alte Familienvater Mitte Oktober geplant, seinen Filius zu einer Probestunde anzumelden. Doch der erste Eindruck überwältigte den ehemaligen Boxer. Von Lüttwitz: "Sponatn bin ich gleich gemeinsam mit meinem Sohn Luik eingetreten."