"Ich froh bin, diese Chance erhalten zu haben" - Einblicke in die Arbeit einer Integrationslotsin in Sachsen

Jitka Dunger arbeitet seit September 2017 als Integrationslotsin am Stadtsportbund Chemnitz. In ihrem Gastbeitrag berichtet sie von ihrer Arbeit, die sie nun seit fast 2 Jahren mit Herz und Seele ausübt.

Jitka Dunger arbeitet seit 2017 als Integrationslotisin am Stadtsportbund Chemnitz
Jitka Dunger arbeitet seit 2017 als Integrationslotisin am Stadtsportbund Chemnitz

Als im August 2017 die Ausschreibung über den Mailverteiler der Technischen Universität Chemnitz in meinem Postfach gelandet ist, wusste ich genau, dass ich die Stelle als Integrationslotsin haben möchte. Die Stellenausschreibung entsprach genau dem, was ich mir als zukünftigem Job vorgestellt hatte. Ich bereue diese Entscheidung bis heute nicht, da ich sehr zufrieden und glücklich mit meiner Arbeit bin.

Zu meinem Aufgabengebiet gehört zum einen die Betreuung der Chemnitzer Vereine bzw. Stützpunktvereine im Programm „Integration durch Sport“ und „Förderung der Integration von Flüchtlingen in den Sport“ und solcher, die sich der Integration widmen, mit Migranten/-innen und Geflüchteten arbeiten, aber kein Stützpunktverein sind, zum anderen aber auch, dass ich direkt Ansprechpartnerin für geflüchtete Menschen, Organisationen der Flüchtlingshilfe sowie diversen Ämter bin.

Die Vereine können Stützpunktverein werden, indem sie einen Antrag beim LSB Sachsen stellen. Werden sie in das jeweilige Programm aufgenommen, können sie Fördergelder erhalten. Ich berate und unterstütze die Vereine bei der Antragsstellung und Abrechnung, insbesondere diejenigen, die den Antrag zum ersten Mal stellen. Des Weiteren unterstütze ich die Stützpunktvereine bei Veranstaltungen oder wenn Probleme auftreten. Kurz zusammengefasst, die Vereine können sich bei Fragen, Unklarheiten und bei vorhandenem Wunsch zur Hilfestellung rund um das Thema Migration und Integration an mich wenden.

Gleichzeitig biete ich aber auch sehr viele Angebote mit und für Migranten/-innen und Geflüchtete an. Ich beantworte Anfragen zu Sportangeboten und -vereinen und stelle direkt den Kontakt her, sodass die Hemmschwelle, einen Verein aufzusuchen, sinkt.

Der Landessportbund Sachsen hat festgestellt, dass Geflüchtete jedoch oft nichts von der Existenz von Sportvereinen wissen und deshalb auch nicht den Weg in einen Verein finden. Um dieses „Problem“ zu lösen, wurde der Projekttag „Sport in Deutschland“ entwickelt. Dieser richtet sich an Teilnehmer von Integrations- und Orientierungskursen. Dazu wird von dem Integrationslotsen des jeweiligen Kreises Kontakt zu den Trägern solcher Kurse aufgenommen. Bei einem ersten Gespräch wird der Projekttag kurz vorgestellt und ein Termin für die Umsetzung des Projekttages ausgemacht. Am Projekttag selbst sind dann Referenten/-innen des Landessportbundes und der Integrationslotse selbst vor Ort anwesend. Mit den Teilnehmern wird erarbeitet, wie das deutsche Sportsystem aufgebaut ist und was ein Sportverein ist, was dieser für Vorteile bietet, wie man Mitglied wird und warum Mitgliedsbeiträge gezahlt werden müssen. Anschließend wird noch beispielhaft ein Verein besucht. Der Verein bekommt die Möglichkeit sich vorzustellen und ein Probetraining durchzuführen. So erleben die Teilnehmenden auch gleich die Arbeit eines Vereins in der Praxis. Alle bisher durchgeführten Projekttage haben sehr viel Spaß gemacht. Die Teilnehmenden arbeiteten immer gut mit und hatten Freude an der Bearbeitung des Themengebietes. Auch kamen die Vereinsbesuche bei den Teilnehmern gut an.

Ein weiteres großes Aufgabengebiet ist das Konzipieren und Durchführen von Sportveranstaltungen und Sportangeboten. Auch in diesem Jahr übernehme ich wieder die Leitung des Themengebietes Sport bei der Auftaktveranstaltung der interkulturellen Woche am 21.09.2019. Eine Woche zuvor findet auf dem Gelände des CWSV e.V. ein interkulturelles Sportfest statt, welches gemeinsam mit dem Fortbildungszentrum Chemnitz, AG In- und Ausländer, dem sächsischen Flüchtlingsrat und weiteren Akteuren organisiert wird. Dort gibt es sowohl Angebote für Kinder und Familien als auch für Erwachsene, die in einer Teamchallenge gegeneinander antreten werden. Gemeinsam mit dem Landessportbund Sachsen werden wir wieder eine Fairplay-Werkstatt anbieten. Außerdem wird auf dieser Veranstaltung auch eine Plattform geboten, auf der sich Vereine vorstellen können, um neue Mitglieder zu gewinnen.

Ein weiterer großer Punkt ist das Durchführen von Bildungsmaßnahmen und Seminaren. Im Mai organisierte ich ein „Fit für die Vielfalt“ - Seminar für Vereinsmitglieder, Trainer/-innen und Vorstände auf dem Gelände des CPSV. Dieses wurde gemeinsam mit den Referenten/-innen des LSB durchgeführt. Die Teilnehmenden werden bei solchen Seminaren sensibilisiert sich ihrer eigenen Erfahrungen und Haltung bewusst zu werden. Im Seminar werden theoretische Hintergründe und praktische Übungen verknüpft und ermöglichen somit den Teilnehmern die Reflexion ihres eigenen Verhaltens. Dazu gehört ebenfalls über Stereotypisierung, Befangenheit und Konflikte zu diskutieren, wobei jederzeit ein wertschätzender Umgang im Vordergrund steht. Weitere Bildungsmaßnahmen wurden bzw. werden noch mittels der Fairplay-Werkstatt für Kinder durchgeführt. So war die Fairplay-Werkstatt auch bei „Laufend gegen Krebs“ im Juli im Einsatz und wird noch beim Chemnitzer Sporttag, dem interkulturellen Sportfest, der Auftaktveranstaltung der interkulturellen Wochen, bei einem Projekttag in einer Schule, bei unserem integrativen Sportferienlager und bei weiteren Veranstaltungen zum Einsatz kommen.

Ein Highlight in diesem Sommer, auf das ich sehr stolz bin, ist das eben angesprochene integrative Sportferienlager. Dieses kann ich bzw. können wir als SSBC e.V. nun schon zum zweiten Mal in Folge anbieten. Es richtet sich speziell an Kinder aus sozialbenachteiligten Familien und Kindern mit Flucht- und Migrationshintergrund, die sich keinen Urlaub oder kein „normales“ Ferienlager leisten können. Der Fokus liegt dabei neben der Integration auf dem Sport, der Bildung, Kultur, Vermittlung von Werten und Normen, einem respektvollen und fairen Umgang miteinander sowie der Verbesserung der Sprachkenntnisse. Neben sportlichen Aktivitäten stehen auch kulturelle Angebote wie eine Führung durch ein Bergwerk und Bildungsangebote wie z.B. die Fairplay-Werkstatt samt Fairplay-Soccerturnier auf dem Plan. Die Einzigartigkeit dieses Projektes besteht darin, dass bisher kein solches Angebot in Chemnitz existierte. Zwar gibt es Ferienlager für sozial benachteiligte Kinder, aber keines mit integrativem Sportbezug, insbesondere die sportliche Aktivität in Verbindung mit der kulturellen und interkulturellen Bildung.

Neu in diesem Jahr hinzukommen soll eine spezielle Ausbildungsform für Migranten/-innen/Geflüchtete, welche im Herbst stattfindet. Die Teilnehmenden erhalten eine Ausbildung, die dem Grundlehrgang entspricht. Dieses Projekt wird gemeinsam mit dem Kreissportbund Mittelsachsen geplant, organisiert sowie durchgeführt und wird als „Sportassistentin interkulturell“ betitelt. Neben den Inhalten eines Grundlehrgangs wird auf interkulturelle Unterschiede und Besonderheiten eingegangen (ähnlich wie bei den „Fit für die Vielfalt“-Seminaren) und auf eine sehr einfache Sprache geachtet. Sobald die Teilnehmenden der Ausbildung ihr Zertifikat in den Händen halten, dürfen sie Übungsgruppen leiten. Entwickelt wurde diese Ausbildung, da viele Vereine händeringend nach Übungsleitern/-innen suchen. Bisher wurden aber die Potentiale und vorhandenen Ressourcen, die Migranten/-innen und Geflüchtete mitbringen, nicht ausreichend genutzt. Mit der Ausbildung verhelfen wir somit nicht nur den Geflüchteten zu einer Lizenz, sondern auch den Vereinen zu Übungsleitern/-innen. Da ich schon einige Anfragen von Frauen und Vereinen habe, bin ich sehr optimistisch, dass genügend Teilnehmer zusammenkommen werden und die Ausbildungsform ein voller Erfolg wird.

Neben dem Organisieren von Veranstaltungen, Seminaren und der Ausbildung zur „Sportassistentin interkulturell“, rief ich auch noch ein Sportangebot ins Leben, dass sich ausschließlich an Frauen richtet. Bis zur Gründung dieser Gruppe gab es kein reines Frauensportangebot in Chemnitz, das vor allem muslimischen Frauen einen geschützten Raum zum Sporttreiben bot. Ich werde die Gruppe demnächst abgeben, da sie an einen Verein angegliedert werden soll.

Zusammengefasst kann ich sagen, dass mir meine Arbeit sehr Spaß macht und ich froh bin, diese Chance erhalten zu haben. Ich erhielt sehr tiefe Einblicke in die Integrationsarbeit und die Arbeit in einem Stadtsportbund. Außerdem lernte ich in meiner Zeit im SSB Chemnitz eine Menge großartiger Menschen kennen. Ich kann mir für meine Zukunft nur schwer einen anderen Arbeitsbereich als diesen vorstellen.


  • Jitka Dunger arbeitet seit 2017 als Integrationslotisin am Stadtsportbund Chemnitz
    Jitka Dunger arbeitet seit 2017 als Integrationslotisin am Stadtsportbund Chemnitz
  • Die Durchführung des Projekttags "Sport in Deutschland" ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Integrationslotsen/-innen in Sachsen
    Die Durchführung des Projekttags "Sport in Deutschland" ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Integrationslotsen/-innen in Sachsen
  • Der Projekttag "Sport in Deutschland" richtet sich an Teilnehmende von Integrations- und orientierungskursen.
    Der Projekttag "Sport in Deutschland" richtet sich an Teilnehmende von Integrations- und orientierungskursen.