Im Interview: Dr. Bernhard Lasotta - Integrationspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion

Die grün-rote Landesregierung hat durch die Einrichtung eines Integrationsministeriums dem Thema Integration einen bisher nicht gekannten Stellenwert eingeräumt. Für uns als Programm „Integration durch Sport“ Anlass, bei den integrationspolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen nachzuhaken, inwieweit sie Sport als geeignetes Integrationsmedium ansehen.

Nach Daniel Lede Abal von den Grünen und Andreas Glück (FDP) folgt nun Dr. Bernhard Lasotta. Er ist Abgeordneter des Landtags für den Wahlkreis Neckarsulm und integrationspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.

Dr. Bernhard Lasotta, CDU (Foto: Lasotta)
Dr. Bernhard Lasotta, CDU (Foto: Lasotta)

Um welche Themen kümmern Sie sich als Integrationspolitischer Sprecher der CDU?

 

Ich schätze die Vielfalt in unserer Gesellschaft. Integrationspolitik ist ein Querschnittsthema, es betrifft alle Politik- und Gesellschaftsbereiche. Sprachförderung, Bildung, berufliche Qualifizierung bis hin zu gesellschaftlicher Teilhabe und ehrenamtlichen Engagement. Dabei spielt das Thema Integration im Sport eine wichtige Rolle, weil es hilft, zueinander zu finden, voneinander zu lernen und Toleranz innerhalb definierter Grenzen zu üben.

 

Welche Wertigkeit besitzt das Thema Integration bei den Parlamentariern?

 

Integration hat einen hohen Stellenwert, weil es darum geht, in welcher Gesellschaft wir zukünftig leben wollen. Wer übernimmt Verantwortung in unserer Gesellschaft, wie sichern wir in der Vielfalt unsere Werte und Überzeugungen auch für künftige Generationen ab und wie schaffen wir es eine

echte Verantwortungsgemeinschaft entstehen zu lassen, die sich auf gemeinsame Grundüberzeugungen stützt, unabhängig von Herkunft, Religion und kultureller Prägung? Diese Vielfalt als Chance zu begreifen und einen positiv gestaltenden Ansatz für gemeinsames Handeln, Teilhabe und gesellschaftliches Engagement zu wählen, ist eine Grundüberzeugung, die damit eine hohe Wertigkeit im politischen Handeln einnimmt. Sie wird in allen Politikbereichen mitgedacht. Dem Sport wird aus Sicht der Politik großes Potenzial für soziale Integration unterstellt.

 

Welche Potenziale sehen Sie im Sport für eine gelingende gesamtgesellschaftliche Integration?

 

Im Sport kommt es auf persönliches Engagement und Team-Leistungen an, die Herkunft des Einzelnen ist nicht entscheidend. Im Sport können Leistungsbereitschaft, soziale Kompetenz, Toleranz innerhalb bestimmter Regeln, Aufeinander zugehen und Kennenlernen geübt werden. Neben dem Sport als sinnvoller Freizeitgestaltung können durch persönliche Bindungen und das Lernen von Verantwortung wichtige Prinzipien für gesellschaftliches Engagement und Teilhabe erlernt werden.

 

Viele Verantwortliche in den Sportvereinen sagen, wir sind offen für alle, Menschen mit Migrationshintergrund können gerne an unseren Angeboten teilnehmen. Aber spezielle Angebote werden nicht gemacht. Wie könnte man diesen Personenkreis für das Thema Integration gewinnen?

 

Spezielle Angebote können wichtig sein, beispielsweise wenn aufgrund kultureller oder religiöser Hintergründe Schwimmkurse für Frauen organisiert werden. Es geht mir aber weniger um die Frage spezieller Angebote an sich, als um das Signal der Offenheit und Teilhabe. Jeder sollte den Mehrwert der Gemeinsamkeit im Sport erkennen, voneinander lernen und damit etwas einüben, was in der gesamten Gesellschaft wichtig ist: Persönliches Engagement, Offenheit üben, Grenzen definieren und nach Gemeinsamkeiten suchen, Verantwortung für sich und andere übernehmen. Deshalb wollen wir weiterhin, dass das Land einen Ehrenamtspreis Integration für Vereine und Organisationen auslobt, um gute Beispiele interkultureller Öffnung von Vereinen besser sichtbar zu machen und zur Nachahmung anzuregen.

 

Es gibt Situationen, z.B. im Fußball, dort passiert eher das Gegenteil von Integration. Was würden Sie jemandem entgegnen der sagt, dass Sport überhaupt nicht integrativ ist?

 

Dass dies nicht die Regel ist und wir uns umso mehr anstrengen müssen, den Sport auch als integrative gesellschaftliche Aufgabe zu begreifen. Jeglicher Form von Gewalt, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit müssen wir eine klare Absage erteilen. Deswegen ist es so wichtig, persönlich positive Erfahrungen – gerade auch im Sport – zu machen.

 

In letzter Zeit sind Migrantenselbstorganisationen in den Fokus der Integrationsarbeit gerückt, auch Migrantensportvereine. Wie stehen Sie zu diesen Organisationen? Brauchen wir die?

 

Es ist ein verständlicher Impuls, dass sich Menschen mit einem bestimmten Migrationshintergrund in eigenen Sportvereinen organisieren. Ich würde mir aber wünschen, dass wir mehr und mehr zum gemeinsamen Vereinsleben kommen. Denn gerade dort wächst das Verständnis füreinander ganz natürlich.

 

Was halten Sie von einer Zusammenarbeit mit Migrantensportvereinen?

 

Wenn es Migrantensportvereine gibt, sollte man mit ihnen zusammenarbeiten. Aus einer Kooperation können engere Formen der Zusammenarbeit entstehen. Auch kann die demografische Entwicklung im Nachwuchsbereich als Katalysator für eine engere Zusammenarbeit wirken.

 

Wo sehen Sie den Sport positioniert im Thema Integration im Vergleich zu anderen im Themenfeld aktiven Organisationen wie z.B. den Wohlfahrtsverbänden?

 

Die gesellschaftliche Rolle des Sports – wie auch der Musik und der Kultur – ist sehr viel stärker chancen- als problemzentriert. Deshalb ist mir die Schrittmacherfunktion des Sports für eine positive Wahrnehmung von Integration in unserer Gesellschaft so wichtig.

 

Wo sehen Sie im Themenfeld Integration die größten Probleme und Chancen des Sports?

 

Die größte Herausforderung des Sports liegt in der interkulturellen Öffnung der bestehenden Strukturen. Von vielen Seiten müssen Vorbehalte und alte Denkmuster abgelegt werden. Auch persönlich müssen Verantwortliche der Vereine als auch Migranten über den eigenen Schatten springen, neue Wege begehen, geduldig sein, Niederlagen einstecken und auf langfristigen Erfolg setzen. Dies ist oft nicht leicht. Damit werden aber auch sportliche Werte und Ziele symbolisiert. Allein schon daran zu arbeiten, hat eine integrative Wirkung für alle Seiten. Die größte Chance des Sports liegt in der spezifischen Herangehensweise, d.h. das Denken in Herausforderungen und Chancen. Insofern kann der Sport die Debatte über Integrationsfragen außerordentlich bereichern.

 

Herr Dr. Lasotta, wir danken Ihnen für das Gespräch.


  • Dr. Bernhard Lasotta, CDU (Foto: Lasotta)
    Dr. Bernhard Lasotta, CDU (Foto: Lasotta)