Qualifizierung durch Irritation – Das Seminar SportInterKulturell vom Programm Integration durch Sport

Bereits zum fünften Mal fand vom 24.06.- 26.06.2011 in Bayern das Wochenendseminar „SportInterKulturell“ in Sulzbach-Rosenberg statt. Bei der vom Bundesprogramm „Integration durch Sport“ und der Agentur „Context“ entwickelten Qualifizierung erlangten in diesem Jahr gleich drei bayerische Referenten des Programms ihre Zertifizierung.

Teilnehmer und Referenten nach erfolgreichem Abschluss
Teilnehmer und Referenten nach erfolgreichem Abschluss

„So ein Lümmel“ das war die spontane Reaktion von Günter Ziegler 1. Vorsitzender des Boxclubs DJK Bavaria Rosenheim auf den befremdlichen Einstieg, bei dem den Teilnehmern ohne Begrüßung mit zugekehrtem Rücken und schwer verständlicher Sprache die erste Übung erklärt wurde.

Übungen wie diese sind ein typischer Teil des Konzepts und sollen den Teilnehmern Erfahrungen vermitteln. Wie fühlt sich Fremdheit an? Was irritiert mich? Wie gehe ich mit frustrierenden Situationen um? Im Seminar geht es dabei nicht einfach nur um die Vermittlung von Rezepten. Durch eigenes Erleben sollen die Übungsleiter, Vorstände und Sportler aus den Vereinen dazu gebracht werden, ihr Handeln in der sportpraktischen Arbeit mit Migranten zu überdenken, die Perspektive zu wechseln und sich selbst zu reflektieren, um damit sensibel auf den Einzelnen reagieren zu können. Aber auch die teilnehmenden Migranten sollen erfahren, wie sie mit der Kultur in der sie leben besser umgehen können.  

Nach einer Abfrage der Erwartungen am Freitag Abend wurde für die nächsten beiden Tage die Teilnehmer- und Erfahrungsorientierte Ausrichtung der Qualifizierung festgelegt. So ging es am Samstag in den thematischen Übungseinheiten und Informationen zu kulturellen Aspekten, Kommunikation, Werten, Normen, Konflikten und den sportpraktischen Kooperations- und Vertrauensspielen vor allem um eine offene Haltung gegenüber Verschiedenheit und Vielfalt. Statt Schubladendenken waren Beobachten, Nachfragen und ins Gespräch kommen die Stichworte des Tages. Das fiel nicht allen Teilnehmern immer leicht, denn oftmals waren die Übungen so aufgebaut, dass ähnlich wie bei Zuwanderern in der Begegnung mit hierzulande üblichen Strukturen zunächst Unsicherheit und Abstimmungsbedarf vorherrschten, ohne dass konkrete Hilfe angeboten wurde. Nach und nach lernte die Gruppe, Strategien und Verständigungsformen zu entwickeln, um die gestellten Aufgaben dennoch zu bewältigen. 

Am Sonntag wurden in sechs Arbeitsgruppen schließlich ganz konkrete Situationen und Probleme der Sportvereinsvertreter auf der Grundlage des bisher Gelernten und der Erfahrungen der Teilnehmer besprochen. Was mache ich zum Beispiel, wenn ich Absprachen treffe und niemand sich daran hält? Wie kann ich die Eltern besser einbinden und sie für den Verein gewinnen? Wo bekomme ich Unterstützung, Beratung und finanzielle Hilfen? Die hier diskutierten Ideen, der Austausch untereinander und die ersten skizzierten Lösungswege wurden von den Teilnehmern als besonders nützlich für ihre sportpraktische Arbeit bewertet. Für Elena Baranov, die beim TSV Bad Reichenhall eine integrative Kindersportgruppe leitet, hat sich das Wochenende durchweg gelohnt. „Der Aufenthalt hat mir viele nützliche und neue Ideen gebracht ... es wurde ein Ort für unterschiedliche Persönlichkeiten mit wertvollen Lebenserfahrungen geschaffen, wo man einen neuen Blickwinkel auf bekannte Dinge bekommen kann und wo man seine eigene Identität festigen kann.“ 

Neben der Durchführung eines qualitativen und interessanten Wochenendes  waren die 15 Unterrichtseinheiten des Seminars gleichzeitig für die drei Regionalkoordinatoren Tabea Gutschmidt, Thomas Baus und Ingo Wagner vom Programm „Integration durch Sport“ im bayerischen Landessportverband die abschließende Praxiseinheit im Rahmen einer speziellen Referentenausbildung. Sie sind nun bundesweit anerkannte Referenten für das Seminar „SportInterKulturell“. Unterstützt und zertifiziert wurden sie dabei von zwei Mitarbeitern der Agentur „Context“.

Ingo Wagner 


  • Teilnehmer und Referenten nach erfolgreichem Abschluss
    Teilnehmer und Referenten nach erfolgreichem Abschluss
  • Becherstapeln als Gruppenaufgabe. Nicht alle gewohnten Sinne konnten genutzt werden
    Becherstapeln als Gruppenaufgabe. Nicht alle gewohnten Sinne konnten genutzt werden
  • von links: Thomas Baus, Tabea Gutschmidt und Ingo Wagner, Regionalkoordinatoren im Programm Integration durch Sport erlangten ihre Zertifizierung
    von links: Thomas Baus, Tabea Gutschmidt und Ingo Wagner, Regionalkoordinatoren im Programm Integration durch Sport erlangten ihre Zertifizierung