„Wir sind ein Team“

Jeden Montag bietet der ESV Lokomotive Erfurt 1927, einer von 21 anerkannten Integrationsstützpunkten des Landessportbundes Thüringen, dieses Training als frei zugängliches Integrationsprojekt an.

Basketball-Coach Boris Gherjoi (hinten rechts) hat seine Jungs im Griff. Den Ball auf dem Finger balancieren ist für die jungen Nachwuchssportler eine der leichtesten Übungen. Ebenso wie ihre Integration in die Gesellschaft, der Sport und die Mannschaftskollegen helfen dabei.
Basketball-Coach Boris Gherjoi (hinten rechts) hat seine Jungs im Griff. Den Ball auf dem Finger balancieren ist für die jungen Nachwuchssportler eine der leichtesten Übungen. Ebenso wie ihre Integration in die Gesellschaft, der Sport und die Mannschaftskollegen helfen dabei.

Die Anweisungen von Basketballtrainer Boris Gherjoi hallen durch die Erfurter Domsporthalle. 14 Jungs im Alter von zehn und elf Jahren saugen die Worte geradezu auf, bereit für deren praktische Ausführung. Vor Anstrengung sammeln sich in ihren Gesichtern bereits erste Schweißtropfen. Dabei liegen noch einige Übungen zur Erwärmung vor ihnen: 25 Sekunden den Basketball auf dem Finger balancieren, 20 Mal Dribbeln und im Anschluss 20 Mal den Ball gegen die Wand prellen.

Gemeinsam sind wir stark

Mitgezählt wird in deutscher Sprache, darauf legt Boris Gherjoi großen Wert. „Wir sind ein Team und müssen uns verstehen“, lautet die logische Begründung gegen Sprachenwirrwarr. Kurze Zeit später startet beim Wettdribbeln ein internationales Turnier. Kasachstan, Ukraine, Deutschland, Türkei, Albanien und Kenia – die Herkunft der Kinder beim ESV Lokomotive Erfurt kennt keine globale Grenzen. Streit ist dennoch ein Fremdwort für die kleinen Nachwuchssportler. Trotz ihres nicht zu verkennenden Ehrgeizes und Kampfgeistes, steht Fair Play ganz oben auf dem Spielplan. Liegt einer von ihnen erschöpft auf dem Boden, hilft ihm seine Mannschaft wieder auf die Beine. So sieht Konfliktlösung im Sport aus. Jeden Montag bietet der ESV Lokomotive Erfurt 1927, einer von 21 anerkannten Integrationsstützpunkten des Landessportbundes Thüringen, dieses Training als frei zugängliches Integrationsprojekt an. Dazu kommen Mannschaften im regelmäßigen Spielbetrieb in der Landesliga in den Altersklassen U12 bis U20. Das Verhältnis Migranten – Einheimische beträgt etwa ein Verhältnis von 70 zu 30. Betreut werden sie durch Boris Gherjoi, Diplom-Sportlehrer aus Moldawien und seit fast zehn Jahren in Erfurt zu Hause.

„Unser Kapitän ist der größte“

Er kennt die Probleme in einer zunächst fremden Gesellschaft nur allzu gut und weiß um die schwierige Zeit des Einlebens und der Eingliederung. Schon lange setzt er als Starthelfer beim Landessportbund Thüringen das Motto „Integration durch Sport“ aktiv um. Er besucht in Erfurt Schulen, um gezielt ausländische Schüler anzusprechen und ihnen mit dem regelmäßigen Basketballtraining eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung anzubieten. Dass er auch bei Anträgen im Jugendamt hilft, ist für ihn selbstverständlich. Im Training geht es währenddessen weiter im Programm. Geübt wird nun das perfekte Zusammenspiel. Der Kapitän der U14-Mannschaft ist zugleich der kleinste. Körperlich gesehen zumindest. Auf dem Spielfeld ist er der größte, da sind sich alle Mitspieler einig. „Alex ist toll!“, bringt es Daniel auf den Punkt. Im Alter von sieben Jahren ist Alex von Russland nach Deutschland gekommen und spielt seitdem Basketball. Im letzten Spiel gingen 15 Punkte auf sein Konto. Auch im Training wird sein Talent schnell deutlich. Der blonde schmächtige Junge im orangefarbenen Trikot stürmt über das Feld, deckt und wirft immer wieder auf den Korb. Kurz, Alex wuselt über das Feld, er ist überall und wird von seinem Team ständig als Anspielposition gesucht.

Erfolg durch gelebtes Miteinander

Die meisten Körbe wirft er im Zusammenspiel mit seinem Freund Robert Mecke. „So sieht Integration im Sport aus“, bewertet Boris Gherjoi das „Dreamteam“. Trainiert wird dreimal die Woche. Zahlreiche Urkunden, die der Trainer stolz vorlegt, bestätigen den Erfolg des Konzeptes. So standen die Jungs vom ESV Lokomotive Erfurt 1927 beim Minibasketballturnier des Thüringer Basketball-Verbandes ganz oben auf dem Treppchen. Doch die Abteilung des Vereins leistet wertvolle Arbeit über sportliche Siege hinaus. „Regelmäßige Integrationsmaßnahmen und Angebote für Trainingslager in den Ferien, gemütliches Beisammensein im Rahmen einer Weihnachtsfeier oder die Organisation eines Streetbasketballturniers – die Integrationsprojekte in Zusammenarbeit mit dem Landessportbund Thüringen sind vielfältig“, berichtet Abteilungsleiter Baumgarten. Vor allem aber zeichnen sie sich durch einen Aspekt aus – gelebtes Miteinander verschiedener Nationen in einem erfolgreichen Team, auch abseits des Basketballfeldes.


  • Basketball-Coach Boris Gherjoi (hinten rechts) hat seine Jungs im Griff. Den Ball auf dem Finger balancieren ist für die jungen Nachwuchssportler eine der leichtesten Übungen. Ebenso wie ihre Integration in die Gesellschaft, der Sport und die Mannschaftskollegen helfen dabei.
    Basketball-Coach Boris Gherjoi (hinten rechts) hat seine Jungs im Griff. Den Ball auf dem Finger balancieren ist für die jungen Nachwuchssportler eine der leichtesten Übungen. Ebenso wie ihre Integration in die Gesellschaft, der Sport und die Mannschaftskollegen helfen dabei.