Wie (Stützpunkt-)Vereine durch die Corona-Krise steuern.

Seit dem 18. März ist historische Auszeit im Bremer Teil Sportdeutschlands – Veranstaltungen sind abgesagt, Trainings untersagt, Sportplätze gesperrt. So vielfältig die Sportvereine in Deutschland sind, so vielseitig reagieren sie auch auf diese Krise.

Der Stützpunktverein OSC Bremerhaven hat schnell reagiert
Der Stützpunktverein OSC Bremerhaven hat schnell reagiert

In Zeiten sozialer Distanzverordnungen ist es ein Segen, dass die meisten Sportvereine schon seit geraumer Zeit wichtige Sprünge ins digitale Leben getan haben: Newsletter, Homepages und Facebook bilden dabei die Grundpfeiler der Online-Kommunikation. 

Viele Clubs gehen mit dem Wegfall des praktischen Sportangebots jedoch zusätzliche Wege: Der programmnahe Verein TURA Bremen beispielsweise nimmt die momentane Situation zum Anlass sein eigentlich für die Jahreshauptversammlung geplantes YouTube- und Instagram-Debüt vorzuziehen. Soziale Medien im Sportverein animieren vor allem in Zeiten von Corona zum Mitmachen und Helfen, sie stärken Gemeinschaft im Verein auch fernab der Halle oder des Platzes, über Krankheiten, Ausgangssperren oder Ländergrenzen hinweg.

Training übers Netz
Sportliche Challenges, also Herausforderungen mit fortlaufenden Nominierungen wie bei den Softball-Damen der BTV 1877, beim Stützpunktverein TuSpo Surheide  oder der Volleyball- und Badmintonabteilung von TV Eiche Horn schweißen zusammen und halten die sportliche (Netz‑)Gemeinschaft auf Trab.

Die Idee ist zwar nicht neu, aber gerade durch den untersagten Sportbetrieb entscheiden sich auch immer mehr Vereine, ihre abgesagten Trainings ins Netz zu verlegen. Auch wenn man sich lediglich medial sieht, macht auch diese etwas andere Art der Nähe zum Team und zum eigenen Coach viel aus. Dort abgeholt zu werden, wo man aufgehört hat und trotz der neuen Situation gemeinsam weitermachen zu können ist ein wertvoller Überwindungshelfer gegen die Anziehungskraft von Lethargie und Couch.

Vereine sind zwar nicht wie kommerzielle Einrichtungen verpflichtet, ihren Mitgliedern ein Sportangebot zu stellen, viele wollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten aber unbedingt handeln und gerade während Corona das öffentliche Leben lahmlegt, Impulse für bewegtes Miteinander und Abwechslung bieten.

Auch für Übungsleiter und Ehrenamtliche ist diese Phase ungewohnt und zeitweise belastend, vor allem für diejenigen, die sich noch etwas schwer mit Kamera, Uploads und Social Media tun. Hier heißt es, auch als junge „Digital Native“-Generation des Vereins Verantwortung zu übernehmen und das digitale Pferd zu satteln. Sicher ist, dass auf dem Weg zum echten Live-Training die Vorfreude über alle Generationen hinweg stetig steigt und Appetizer auf Video-Plattformen eine willkommene Gelegenheit bilden um gemeinschaftlich nicht einzurosten. Bis es wieder weiter geht, haben die Bremer Vereine bisher unter anderem Folgendes auf die Beine gestellt (Fortsetzung, siehe unten):

OSC Bremerhaven: Der Stützpunktverein hat Ende März ein erstes Live-Trainingsprogramm via Facebookstream gestartet. Inzwischen gibt es einen wöchentlich neuen Streaming-Plan mit wiederaufrufbaren Videos durch diverse Abteilungen.

Casa Cultural: Auch im Stützpunktverein in Bremen Mitte wird der Tanz- und Fitnessbetrieb schmerzlich vermisst, wie unschwer auf Casas Facebookkanal zu erkennen ist. Die zwei Trainerinnen Laine und Julia machen jedoch unermüdlich in häuslicher Gemeinschaft weiter und teilen ihre Choreografien und Trainings über YouTube, Facebook, WhatsApp und Co.

ATSV Habenhausen: Auch dieser programmnahe Verein hat bereits seit 2015 eine aktuell umso besser gepflegte YouTube-Präsenz mit Trainingsideen, dem ehrenamtlichen Angebot von Einkaufshilfen und vielen weiteren interessanten aktuellen Aktionen.

TS Woltmershausen: Auch, wenn die Pusdorfer digital noch kein Boot zu Wasser gelassen haben, so engagieren sich die Mitglieder des Vereins auch fernab eines digitalen Aufmachers als Nachbarschaftshilfen. Außerdem bewarb sich eine (fast) komplette Mannschaft, die zu größten Teilen aus Geflüchteten besteht, bei „Das Land hilft“ als Erntehelfer, mit dem ausschließlichen Wunsch einer Spende an den Verein.

Leon Fight Club 12: Auch, wenn es sich bei seinen Uploads nicht um regelmäßige Programme handelt so hält vor allem Headcoach Ferhat Sönmez seine Mitglieder mit seiner ikonisch-herzlichen Art über WhatsApp auf Trab.

(Fortsetzung, siehe unten)

Wie eigentlich alle Vereine, plädiert auch der Leon Fight Club in einer YouTube-Botschaft (mit anschließendem Training) an seine Mitglieder, in dieser für den Sport schweren Phase, ihre Mitgliedschaften nicht zu kündigen. Der Landessportbund hatte bereits zu Beginn der Krise einen Appell zur Solidarität veröffentlicht, dem sich der größte Teil der Bremer und Bremerhavener Vereine anschloss. Gerade für sozial benachteiligte, von Kurzarbeit oder sogar Jobverlust betroffenen Personen, die vielfach in Quartieren der Stützpunktvereine angesiedelt sind, ist dies natürlich ein besonderes, aber nicht immer leistbares Engagement.

Ausblick

Am morgigen 15. April werden die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin entscheiden, ob es nach dem 19. April Lockerungen im Sportbetrieb geben wird. Was die Zukunft der Vereine anbelangt, so versicherte die Bremer Integrations- und Sportsenatorin Anja Stahmann, dass kein Verein durch Covid-19 in Existenznot geraten solle. Um dies sicherzustellen wurde vom Senat ein eine Million Euro umfassendes Soforthilfeprogramm für die Bremer und Bremerhavener Sportvereine im Landessportbund Bremen e.V. beschlossen, das Corona-bedingte Einnahmeausfälle abfedern soll.

Der Verunsicherung während der Krise wirkt also viel Positives entgegen, sie ist trotz dessen allerdings vor allem bei Menschen mit Fluchterfahrung groß: „Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Ladenschließungen und soziale Distanz. Viele haben so etwas schon einmal erlebt und es lässt bekannte Gefühle wieder hochkommen. Da ist es wichtig, Kontakt aufrecht zu erhalten, weiter Sport zu machen und sich bestenfalls gegenseitig zu motivieren.“ so Astrid Touray, die beim Stützpunktverein TS Woltmershausen ehrenamtlich aktiv ist.
Viele, auch international besetzte Trainingsgruppen helfen sich momentan mit animierenden Beiträgen, Aufmunterungen aber vor allem der Gewissheit, mit dieser Situation nicht allein zu sein, durch den Corona-Blues. Es werden gemeinsam Unsicherheiten aufgebrochen und verarbeitet – und auch wenn es ungewiss ist, wann es weitergeht – wenn es soweit ist, findet Erleichterung und Freude gemeinsam statt.

Weitere Online-Angebote der Bremer Vereine
Eisbären Bremerhaven: Die Eisbären haben schon zahlreiche multikulturelle Events wie das Charity-Game der syrischen Exil-Nationalauswahl Souriana gegen ihre NBBL Mannschaft mit der Programm „Integration durch Sport“ über die Bühne gebracht. Nun bietet der Verein nebst den momentan ausgesetzten offenen Trainingsangeboten für Nichtmitglieder auch feinstes Basketballtraining für Zuhause an.

VTT Farge-Rekum: Im Stützpunktverein aus Bremen-Nord gibt es vor allem für die jungen Mitglieder seit neuestem Mitmach-Content auf Facebook.

TV Eiche Horn: Der letztjährige Stützpunktverein TV Eiche Horn antwortet auf die Corona-Krise mit Video-Produktionen und Einkaufshilfen für Ältere.

TuS Huchting hält seine Mitglieder vor allem über Instagram in Bewegung und bietet kleinere Workouts, Ideen und News.

TuS Komet Arsten: Auch der ehemalige Stützpunktverein aus dem Bremer Süden ist inzwischen mit Workouts und Trainings auf YouTube aktiv.

TuSpo Surheide: Der Stützpunktverein ist zwar noch nicht mit Online-Trainings unterwegs, aber intensiv innerhalb der Chatgruppen seiner diversen Mannschaften verknüpft und hält sich intern gut auf Trab, wie Fußballtrainer Angelo Pauls auch im Interview des BFV zum Besten gibt.

CALIX Bremen: Die Calisthenics-Crew ist schon seit geraumer Zeit auf YouTube, Instagram und Facebook unterwegs und bietet viele Workouts, Sketches und Übungen zum selber machen.

Werder Bremen: Auch Bremens Größter lässt sich natürlich nicht lumpen und bietet diverse professionelle Trainingsvideos mit Stars auf momentan erstklassigem Niveau.

Verein vorwärts: Vor allem Fitness-, Tanz- und Yogavideos findet man auf der Vorwärts YouTube-Seite.

Bremer Hockey Club: Für Hockey- und Fitnessliebhaber lädt der BHC seit 3 Wochen diverse Trainingsvideos aus dem Grundlagenbereich auf YouTube hoch.

Bremen 1860: Der Bremer Großverein bietet täglich neue, exzellente Videos durch für Groß und Klein und deckt dabei ein breites Spektrum an Sparten ab.

SG Aumund-Vegesack: Die SAV bietet auf ihrer Facebook Seite eine kleine Reise durch die Mannschaftsgeschichte ihrer Fußballabteilung, wer genauer hinschaut findet vielleicht einen der berühmtesten Vegesacker, der heute für einen D-Promi annehmbar netten Humor besitzt: Jan Böhmermann.

ERC Bremerhaven: Wer sich für Eis- oder Rollsport interessiert, kommt auf Facebook voll auf seine Kosten.

Rhythmischen Sportgymnastik: Auch das geschlossene Bundesleistungszentrum in Bremen hat sich mit einem beeindruckenden Video im Netz verewigt.

Sicher gibt es noch zahlreiche weiterer guter Beispiele für digitale Auftritte und Aktionen von Bremer Vereinen. Die obige Aufzählung stellt lediglich eine begrenzte Auswahl dar.


  • Der Stützpunktverein OSC Bremerhaven hat schnell reagiert
  • TURA Bremen startet gleich mit mehreren neuen Formaten
  • Der Eisbären-Nachwuchs bietet professionelles Training fürs Wohnzimmer, wenn die Deckenhöhe reicht.