Sprungbrett zur Integration

Mohamed el Mostafa Abdul Rahman ist der erste Flüchtling, der an einen Bundesfreiwilligendienst im Sonderprogramm „BFD Welcome“ in Niedersachsen teilnimmt. Für den 26-jährigen Sudanesen ist es die Chance für einen Neuanfang, für den SSV Südwinsen die Möglichkeit die sportliche Flüchtlingsarbeit zu intensivieren.

Mentor Heinz Wübbena begleitet Mohamed el Mostafa Abdul Rahman
Mentor Heinz Wübbena begleitet Mohamed el Mostafa Abdul Rahman

SSV Südwinsen: Alles etwas kleiner, vor allem aber kälter – so beschreibt Mohamed el Mostafa Abdul Rahman sein neues Umfeld in Hambühren, einer Nachbargemeinde von Winsen (Aller) im Landkreis Celle. In seiner Heimat studierte der 26-Jährige Informatik und engagierte sich politisch an seiner Universität, sehr zum Missfallen der politisch Regierenden, weshalb er Anfang 2014 aus seinem Land ausreisen musste. Sieben Monate war er auf der Flucht, die ihn von Khartum, der Hauptstadt des Sudans, über Libyen, Sizilien, Rom, Mailand, Lyon, Mainz, Hamburg und Braunschweig schließlich nach Hambühren führte. Dort brachte ihn seine Sportleidenschaft zu den Hobby-Volleyballern des SSV Südwinsen aus der Nachbargemeinde: „Ich habe am Gymnasium einige Jahre Volleyball gespielt, deshalb habe ich mich gefreut, dass mich mein Nachbar mit zum Training genommen hat“, erinnert er sich. Beim Training lernte er Heinz Wübbena kennen, nicht nur Volleyball-Trainer beim SSV sondern auch Präsident des Nordwestdeutschen Volleyball-Verbandes.

 

Beitrag zur Flüchtlingshilfe

„Wir waren uns im Verein schnell einig, dass wir etwas beitragen möchten, um die geflüchteten Menschen an unsere Sportorganisation heranzuführen. Immerhin leben mittlerweile rund 300 Flüchtlinge, zur Hälfte Familien mit Kindern, in den Gemeinden Winsen und Hambühren“, berichtet Heinz Wübbena. Seit zwei Jahren bietet der SSV Südwinsen jungen Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr im Sport an. Als im Vorfeld des Einsatzstellentreffens im November 2015 in Hannover bekannt wurde, dass es ein Sonderprogramm des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) mit Schwerpunkt in der Flüchtlingsarbeit geben wird, setzte sich Wübbena mit seinem Vorstand zusammen und brachte die erste Einsatzstelle für einen Geflüchteten im Rahmen des BFD Welcome in Niedersachsen auf den Weg. Seit dem 1. Januar ist Mostafa für 12 Monate als Bundesfreiwilligendienstleistender beim SSV Südwinsen beschäftigt. „Mostafa ist ein Glücksfall für uns“, sagt Wübbena, „er ist seit fast eineinhalb Jahren hier, spricht schon gut Deutsch und kann uns Kontakte zu anderen Flüchtlingen herstellen, die wir sonst nicht erreichen würden, weil er sowohl Arabisch als auch Englisch beherrscht.“

In Hambühren und Winsen besucht Mostafa in Absprache mit den Migrationsbeauftragten der Gemeinden Sammelunterkünfte und WGs von Flüchtlingen und Flüchtlingsfamilien und bietet ihnen an, am Sportbetrieb des Vereins teilzunehmen. Dafür stellt der SSV zwei Hallenzeiten zur Verfügung, die Mostafa eigenverantwortlich betreut: Montagnachmittags leitet er einstündiges Kindersportangebot mit Bewegungs- und Ballspielen, mittwochabends trainiert er mit einer Flüchtlingsvolleyballmannschaft.

 

Interkulturelle Herausforderung

Natürlich treffen bei einem solchen Projekt kulturelle Unterschiede aufeinander, berichtet Heinz Wübbena: „Bisher wird das Kindersportangebot am Montagnachmittag kaum genutzt – aber nicht weil es kein Interesse gibt, sondern weil es hier in den Wintermonaten schon vor 16 Uhr dunkel wird, was die Flüchtlinge nicht aus ihrer Heimat kennen. Ist es draußen dunkel, lassen die Eltern ihre Kinder nicht mehr aus dem Haus.“ Auch die Organisationsform Sportverein ist nicht jeder und jedem bekannt, weshalb der SSV Südwinsen auf Transparenz setzt: Die jeweiligen Sportstunden sind offen für Zuschauer und finden immer parallel zu den Angeboten der einheimischen Mitglieder statt, so dass neue und eingesessenen Bewohner in regelmäßigen Kontakt kommen.

 

Zukunft in der Region

Rund 20 Stunden je Woche ist Mostafa derzeit für den SSV Südwinsen tätig, mit dem Fahrrad pendelt er zwischen seiner Wohnung, den Sporthallen und den Unterkünften anderer Flüchtlinge hin und her. „Mir gefällt die Arbeit im Sport und der Kontakt mit den Menschen“, sagt er. Jeden Tag besucht er außerdem einen Deutschkurs an der Vokshochschule, er will schnell vorankommen mit der Sprache. Für Einsatzstellen im BFD Welcome besteht die Möglichkeit, besondere Förderungsmaßnahmen zu beantragen, die bis zu 100 Euro zusätzlich im Monat für Kompetenzentwicklung, Sprachkurse, aber auch für Kinderbetreuungskosten eingesetzt werden können. Mostafa wird mit dieser Unterstützung einen Volleyball-Trainerschein absolvieren. Deshalb sieht Heinz Wübbena das BFD Welcome in seinem Verein als Win-Win-Sitauation: „Wir möchten ihn langfristig als Trainer für den SSV Südwinsen gewinnen, das ist die Philosophie unserer Ehrenamtsarbeit: Wir wollen die Vereinsarbeit auf viele Schultern verteilen, damit einzelne Engagierte nicht so schnell ausbrennen.“

 

Seinen Lebensmittelpunkt möchte Mostafa weiterhin in der Region haben, nach seinem Freiwilligendienst strebt er eine Ausbildung zum Mechatroniker an. Bis es soweit ist, warten aber noch vielfältige Aufgaben auf ihn. Im Mai wird er ein Sommerfest für Flüchtlinge organisieren, außerdem möchte der Verein seine Webseite in Arabisch und Englisch von ihm übersetzen und neu programmieren lassen. Nicht nur dafür ist der ehemalige Informatikstudent Mohamed el Mostafa Abdul Rahman eine Idealbesetzung.

 

Förderung für BFD Welcome

Der LandesSportBund Niedersachsen unterstützt die Einrichtung von Bundesfreiwilligendienst- Einsatzstellen im BFD Welcome aus Mitteln des Bundesprogramms „Integration durch Sport“. Insgesamt stehen 45 Plätze in Niedersachsen zur Verfügung. Teilnehmen können mindesten 18-jährige - Personen aus Deutschland, die mit direktem Flüchtlingsbezug einsetzt werden - Personen aus Deutschland, die sich um die Organisation von Helfern kümmern (z. B. Freiwillige in Freiwilligenagenturen) - Flüchtlinge, die aus unsicheren Herkunftsländern eingereist sind, Asyl beantragt haben und sich seit drei Monaten in Deutschland befinden. Das Programm wird vom Deutschen Olympischen Sportbund getragen, vom Bundesministerium des Inneren gefördert und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterstützt. Eine Förderung für die Einsatzstellenkosten des BFD Welcome können von Sportvereinen, die ordentliches Mitglied im LSB sind, Landesfachverbänden, sowie Sportbünden, die Gliederungen des LSB sind, beantragt werden. Voraussetzung ist die Anerkennung als BFD-Einsatzstelle durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA).

 

Weblink: www.ssv-suedwinsen.de

 

(Quelle: LSB Niedersachsen)

 


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