"Basketball von Unten - Besondere Vorbildfunktion der Coaches"

Wenn eine Bezeichnung auf den Basketballverein der „Weddinger Wiesel" aus Berlin nicht passt, dann ist es „gewöhnlich". Die Wiesel gibt es erst seit 1998, drei Viertel aller rund 300 Mitglieder sind unter 18 Jahren. Bemerkenswert ist auch die Vorbildfunktion die der Club betont und die für alle Wiesel-Trainer gilt: Rücksichtnahme an der Seitenlinie und keine beleidigenden Äußerungen in Richtung Gegner.

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Der Grund für die besondere Betonung der Vorbildfunktion liegt in der multikulturellen Struktur der Wiesel-Mitglieder. Drei Viertel sind ausländischer Herkunft, der Großteil davon Türken, aber auch Ghanaer, Kroaten und Weißrussen sind unter den insgesamt mehr als fünfzehn „Wiesel-Nationen". Daher gibt es mit jedem Trainer eingehende Gespräche zu Beginn ihrer Tätigkeit, bei Trainertreffen und bei Mitarbeitergesprächen.

 

Zu den Zielen des Vereins zählt neben einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung auch das altersgerechte Heranführen an ehrenamtliches Engagement. Die jungen Wiesel übernehmen ab zwölf Jahren als Kampfrichter, Schiedsrichter oder Co-Trainer Verantwortung für alle.

 

Die Geschichte der Weddinger Wiesel ist zwar kurz, aber interessant und ungewöhnlich zugleich. Am 28.03.1998 wurde der Verein von elf Basketballenthusiasten, zumeist Eltern von Basketball spielenden Kindern, ins Leben gerufen im damaligen Berliner Bezirk Wedding, im Herzen von Berlin. Warum im Wedding? Diese Frage beantwortet Karin Radtke, Sportreferentin der Wiesel ganz einfach: „Weil es im Wedding mit seinen rund 160.000 Einwohnern damals noch keinen Basketballverein gab." Dieses große Einzugsgebiet wollten die Wieselgründer nutzen und haben es getan.

 

Der damalige Bezirk Wedding ist mittlerweile als Stadtteil im neuen Bezirk Mitte aufgegangen, die vielen Probleme sind geblieben. Ein außergewöhnlich hoher Ausländeranteil (rund dreißig Prozent) in der Bevölkerung und einer Arbeitslosenquote von fast vierundzwanzig Prozent, das heißt fast jeder vierte in diesem Bezirk lebt von öffentlichen Leistungen. Der Wedding ist neben Neukölln und Kreuzberg einer der sozialen Brennpunkte der Stadt.

 

Regeln und Eigenverantwortung helfen bei der integrativen Arbeit

 

Das Aufeinandertreffen vieler Nationalitäten und Mentalitäten macht verbindliche Regeln und ein hohes Maß an Eigenverantwortung nötig, damit alles reibungslos funktioniert. So wird beim Basketballtraining konsequent deutsch gesprochen und neben den Spielregeln werden allen Kindern und Jugendlichen Werte wie Disziplin und Regelmäßigkeit mit auf den Weg gegeben. Doch der Verein erlebt auch die schwierigen Seiten eines Multi-Kulti-Clubs erzählt die Sportreferentin Karin Radtke: „Auf den gemeinsamen Fahrten zu Auswärtsspielen wird man schon mal mit fremdenfeindlichen Kommentaren konfrontiert. Auf dem Spielfeld gibt es selten Probleme - die Basketballregeln sehen für Beleidigung harte Strafen bis zur Disqualifikation vor. Spannungen entstehen eher am Spielfeldrand: Gerade wenn bei Kinder-Spielen die Halle voller Eltern ist, schaukelt sich die Atmosphäre manchmal hoch und gegnerische Zuschauer lassen sich zu unfreundlichen Äußerungen hinreißen." Auch gerade deshalb müssen die Wiesel-Trainer an der Linie mit gutem Beispiel voran gehen und sich nicht provozieren lassen.

 

Die Weddinger Wiesel erleben beide Seiten von „Mulitkulti"

 

Das Gästebuch auf der Homepage der Weddinger Wiesel, die auch in einer türkischen Version zu lesen ist, wird von den Verantwortlichen des Vereins regelmäßig überprüft. Wenn dort beleidigt oder geschimpft wird, werden die Beiträge gelöscht. Das kommt durchaus vor, auch vereinsintern, denn die Wiesel haben im Wedding zwar eine Heimat, aber noch kein Zuhause, sprich Vereinsräume, gefunden und nutzen ihr Gästebuch auch zur Kommunikation untereinander. Da kommt es schon mal zu dem ein oder anderen hitzigen Wortgefecht.

 

Doch bald können die Wiesel ihre Diskussionen in den eigenen vier Wänden abhalten. Nachdem der Verein durch seine hervorragende Jugendarbeit positiv aufgefallen ist wurde er vom Landessportbund Berlin vor drei Jahren zum „Jugendfreundlichsten Verein 2002" gekürt. Demnächst folgt vielleicht der nächste Schritt: Das Quartiersmanagement im Wedding will den Verein in die offene Jugendarbeit einbinden und dem Verein eigene Räume zur Verfügung stellen. Die Verhandlungen darüber sind allerdings noch nicht abgeschlossen.


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