Cricket made in Hamburg

Wie ein Integrationsprojekt des HTB von 1865 den indischen Nationalsport im Verein implementiert.

 

Cricket made in Harburg (Foto: Frank Molter)
Cricket made in Harburg (Foto: Frank Molter)

Von Frank Heike (Text) & Frank Molter (Fotos)

Der Ball ist hart! Und die kleinen und größeren Cricketspieler*innen können ihn mit ihren Schlägern ganz schön beschleunigen. Die Halle der Harburger Grundschule In der Alten Forst ist an diesem Samstagvormittag ein Cricket Zentrum, und wer sich mit Harsha Birur unterhält, ist gleich mitten im Thema: „Bei uns in Indien kennt jeder die Cricketstars. Es ist sehr beliebt. Hier in Deutschland ist es anders. Cricket ist nicht einfach. Das beginnt mit Ausrüstung. Wir brauchen die richtigen Schläger, und die kosten 150 bis 200 Euro. Die komplette Ausrüstung kostet 300 Euro.“ Immer, wenn Harsha Birur in Indien ist, bringt er Schläger mit. Ansonsten werden sie in England bestellt.

Harsha ist ein zufriedener Mann an diesem Vormittag, denn wieder sind ein Dutzend Kinder und Jugendliche gekommen, um den indischen Nationalsport zu spielen; Jungen und Mädchen zwischen acht und 15 Jahren. Er sagt: „Wir sind sehr froh, dass der HTB uns damals aufgenommen hat. Das war Hammer für uns! Der HTB unterstützt uns Cricketspieler sehr gut.“ Hauptberuflich arbeitet Harsha Birur als Projektmanager bei Airbus. Der von ihm geleitete Cricket-Workshop findet an diesem Vormittag zum zweiten Mal statt. Es mischen sich Jungs und Mädchen, die regelmäßig spielen, mit solchen, die zum ersten Mal da sind.

Carla Rook aus der Geschäftsstelle des Harburger TB von 1865 steht zufrieden dreinschauend daneben. Vor ihrer Zeit, nämlich 2004, hatten Birur und einige Mitstreiter*innen den „Hamburg International Cricket Club“ gegründet, HICC. Ein Jahr später suchte der Verein Anschluss und ging im HTB auf. Kein unübliches Vorgehen, erklärt sie: „Wenn Menschen nach Deutschland kommen und ihren Sport nicht vorfinden, organisieren sie sich selbst. Doch bald stoßen sie an Grenzen, denn sie kennen die Vereins- und Verbandsstrukturen nicht. Zudem erscheint ihnen die Kommunikation mit den Verbänden und dem Bezirksamt schwierig. Dann schließen sie sich Vereinen wie uns an.“

Der HTB ist mit 2500 Mitgliedern größter Klub Harburgs. Vor anderthalb Jahren begann der HTB, das Cricketprojekt durch die HSB-Abteilung „Integration durch Sport“ fördern zu lassen. „Wir wollten mehr Jugendarbeit in der Cricketabteilung“, sagt Carla Rook. Nach der Bewilligung werden die Mittel nun für die Bezahlung der beiden Trainer eingesetzt.

Für die Bekanntheit des Angebots war es von Vorteil, dass die Männer, die schon für den HTB Cricket spielten, in ihren Familien und bei ihren Freunden werben konnten. So lief viel über Mundpropaganda, aber auch über einen Flyer und Werbung an den umliegenden Schulen und der TU Harburg. Aus dem Projekt ist ein regelmäßiges Angebot geworden. Die Teilnehmenden sind unterschiedlicher Herkunft, aus Indien, Pakistan, Afghanistan, manche sind geflüchtet, andere zum Studieren oder Arbeiten hergekommen. Carla Rook sagt: „Unser Ziel ist es, das Angebot weiter zu mischen. Das ist gar nicht so leicht, weil der Sport in Deutschland so unbekannt ist.“ Und gern hätte sie das Angebot etwas „weiblicher“ – allerdings mit Geduld: „Gerade in der Mädchen- und Frauenarbeit ist es wichtig, dem Projekt etwas Zeit zu geben, bis es sich füllt. Bis eine regelmäßige Gruppe zustande kommt, die auch eine Anbindung an den Verein hat, kann etwas Zeit vergehen.“ Insofern ist dieser Vormittag ein Erfolg, denn fünf Mädchen und junge Frauen sind dabei und schwingen den Schläger, werfen den Ball.

Froh ist Carla Rook indes jetzt schon darüber, in Harsha Birur einen derart motivierten Abteilungsleiter zu haben. „Er ist zu allen Vereinssitzungen eingeladen und sorgt dafür, dass Cricket weiter in die Vereinsstruktur hineinwächst.“ Die gesamte Integrationsarbeit hänge an solch engagierten Menschen, sagt Carla Rook, die zudem zufrieden ist, in einem Großverein zu arbeiten: „Uns zeichnet eine hauptamtliche Geschäftsstelle aus, die sich um die ganze Antrags- und Abrechnungsarbeit kümmern kann. Das hilft auch in der Integrationsarbeit enorm.“ Vergessen will sie nicht Ahmet Kücückler, den Integrationsbeauftragten des HTB. Er mache großartige Integrationsarbeit. Kücükler kommt aus dem Fußball, der Abteilung, wo die meisten Kinder und Jugendlichen einen Migrationshintergrund haben. Wer weiß, vielleicht probieren sie eines Tages auch mal Cricket aus, den indischen Nationalsport.


  • Cricket made in Harburg (Foto: Frank Molter)
  • Mit voller Konzentration und viel Spaß beim Crickettraining (Foto: Frank Molter)
  • Mit voller Konzentration und viel Spaß beim Crickettraining (Foto: Frank Molter)
  • Der HTB ist einer der wenigen Hamburger Vereine, der Cricket anbietet (Foto: Frank Molter)
  • Trainer und Abteilungsleiter Harsha Birur liebt und lebt den Sport (Foto: Frank Molter)