Die Libelle setzt zum Höhenflug an

Im Saarland gibt es ein einzigartiges Projekt, bei dem Mädchen mit Wurzeln in der ehemaligen UdSSR Rhythmische Sportgymnastik machen können. Das Projekt kommt gut an: Nach kurzer Zeit gibt es schon 30 Mitglieder und auch in Sachen Integration leistet die Libelle, wie die Gruppe heißt, wichtige Arbeit

Es gibt viele Wege, Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, hier zu integrieren. Eine der schönsten Möglichkeiten ist für viele der Sport. Auf diesem Gedanken basiert das Projekt Integration durch Sport. Auch im Saarland gibt es die Aktion, die mit Geld aus dem Innenministerium gefördert wird, seit 1990. 2008 gab es 1000 Maßnahmen, insgesamt nahmen 23 917 Teilnehmer an allen Veranstaltungen. Und seit dem vergangenen Jahr gibt es auch eine Gruppe, die sich mit Rhythmischer Sportgymnastik befasst. Die Gruppe heißt Libelle und ist eine Unterabteilung des Vereins Frauensport Saarbrücken 07.Die Mädchen sind alle von drei bis sechs Jahre alt. Das Besondere: Bis auf zwei „einheimische“ Mädchen aus Saarbrücken stammen die Kinder alle aus den ehemaligen GuS-Staaten, sprich aus Russland, der Ukraine, Kasachstan, Kirgisien oder Tadschikistan.
 
Und die Libelle fand trotz ihres jungen Alters – sie wurde im Sommer vergangenen Jahres gegründet und hatte am Tag der Integration (24. September) ihren ersten Auftritt – rasch regen Zulauf. „Am Anfang waren es acht, neun Mädchen, jetzt sind es schon 30“, berichtet Peter Merkel stolz. Der Diplomsportlehrer ist seit 1997 in Deutschland und hilft den saarländischen Integrationsvereinen sozusagen als Starthelfer. „Die Mädchen sind alle aus Saarbrücken und Umgebung, einige sind hier geboren, andere hierher gekommen“, sagt Merkel.
 
Trainiert wird montags, mittwochs und freitags in der Eschberg-Sporthalle, der Halle der Wirtschaftsschule und der Kirchberghalle in Malstatt. „Hier sind wir über die große Hilfe von Frau Weiler vom Saarbrücker Sportamt sehr dankbar. Denn die Hallen sind oft belegt. Es ist schwer, welche zu finden“, sagt Merkel. Die Libelle ist seit November Mitglied im Saarländischen Turnerbund (STB), so können die Kinder auch an offiziellen Wettkämpfen teilnehmen. Erste größere Bewährungsprobe wird die Saarlandmeisterschaft im Juni sein. Bereits ihr Auftritt am Tag der Integration sorgte beim Publikum aber schon für Begeisterungsstürme. „Ich war von den Socken, das war unglaublich“, zeigte sich auch Aron Reimann begeistert. Der Landessportkoordinator fand es faszinierend und überraschend, wie die Mädchen in kürzester Zeit ein solches Programm auf die Beine gestellt haben. Bei der Übung hantierten die Kinder so sicher mit Bändern und Bällen, dass auch die Zuschauer wie gebannt zuschauten.
 
Ein besonderes Talent wurde dabei offenbar der kleinen Anastasia Makhina in die Wiege gelegt. Sie ist die Tochter der Libelle-Trainerin Irina Makhina. Die ausgebildete Tanz- und Ballettlehrerin ist die eigentliche Urheberin der Idee, ohne sie gäbe es das Ganze nicht. Die diplomierte Choreografin Makhina stammt aus Moskau und kennt sich wie wohl sonst niemand im Saarland mit Rhythmischer Sportgymnastik aus. Früher tanzte sie auch selber, und das ziemlich erfolgreich.
 
Das Programm „Sport mit Migranten“, vorher hieß es „Sport mit Aussiedlern“, dient aber auch der Integration der Menschen in ihrer neuen Heimat. „Etwas besseres gibt es nicht, die Erfahrungen sind positiv“, beschreibt es Reimann und fügt hinzu: „Die Basis ist natürlich der organisierte Sport. Nach dem Sport der gesellige Teil ist dann sehr wichtig. Einheimische und Zugewanderte kommen sich näher, man kann sein Deutsch verbessern. Gerade für Menschen aus wenig besiedelten Gebieten ist so was wertvoll.“ Ein Anliegen hat er außerdem noch auf dem Herzen. Um speziell für Mädchen eine Selbstverteidigungsgruppe ins Leben rufen zu können, sucht Reimann noch eine Kampfsportlerin als Übungsleiterin.
 
Die Kontinentaleuropäers: (0681) 387 91 52.
STEFAN REGEL