„Flüchtlingssituation ist eine große Chance für den SV Lurup“

Wer es ernst meint mit der Integration durch Sport, braucht einen langen Atem.

75 gut gelaunte Läufer und Walker machten sich am Sonntag bei hoher Luftfeuchtigkeit und angenehmen 18 Grad auf die Strecke.
75 gut gelaunte Läufer und Walker machten sich am Sonntag bei hoher Luftfeuchtigkeit und angenehmen 18 Grad auf die Strecke.

Manchmal ist es gar nicht so leicht, Gutes zu tun. Da hatten sich die Ehrenamtlichen des SV Lurup 1923 so bemüht, möglichst viele Flüchtlinge aus den nahen Unterkünften zur Teilnahme am Vormittagslauf im Volkspark zu bewegen. Kuchen waren gebacken, Getränke standen bereit. Sogar kleine Geschenke. Das Banner, das für Hamburgs Olympiapläne warb, hing straff an einem Holz-Pavillon. Die Strecken über 1000 und 2800 Meter waren ausgemessen und markiert, die Streckenposten standen bereit, um Umwege zu verhindern und Abkürzungen zu verbieten. Doch dann – blieb die Leichtathletikabteilung des SV Lurup fast komplett unter sich.

75 gut gelaunte Läufer und Walker machten sich am Sonntag bei hoher Luftfeuchtigkeit und angenehmen 18 Grad auf die Strecke. Die Laune war bestens, nur diejenigen, die man gern dabeigehabt hätte, die fehlten. Schließlich hatte der SV Lurup als Hamburger Stützpunktverein für Integration seinen Lauf im Rahmen des bundesweiten Tages von „Integration durch Sport“ unter gleich zwei Wahlsprüche gestellt: Zum einen sollte auf die Hamburger Bewerbung für Olympische Spiele und Paralympics 2024 hingewiesen werden, zum anderen sollten sich Flüchtlinge unter die Vereinsmitglieder mischen.

Schon seit 2004 verantworten die Stützpunktvereine des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) einmal im Jahr am „Tag der Integration durch Sport“ eine besondere Aktion, die auf das Integrationsvermögen des Sports hinweist. Über die große Zahl teilnehmender Klubs freut sich der DOSB bei jeder neuen Auflage. Das ist im zwölften Jahr der vom ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schilly (SPD) ausgerufenen Aktion unverändert.

In Lurup war die ganze Abteilung seit morgens um acht Uhr auf den Beinen. Um dann nur in bekannte Gesichter zu schauen. „Etwas enttäuschend ist das schon“, sagte die Vereinsvorsitzende Susanne Otto, „aber wir lassen uns nicht entmutigen.“ Sie hatte in den vergangenen Tagen die Kontakte zur festen Einrichtung in der August-Kirch-Straße spielen lassen und dort für ihre Veranstaltung geworben. Auch im nahen Erstaufnahmelager Schnackenburgallee rief Otto an. Aber womöglich wurden dort die Informationen nicht weitergeleitet. Frau Otto kennt diese Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme. Sie sagt: „Die Menschen dort brauchen einen Anhaltspunkt. Jemanden, der losgeht, und mit dem sie dann mitgehen.“ Das erlebte die engagierte Vorsitzende beim Sommerfest des SV Lurup im Juni, als kurzerhand ein Bus geordert wurde, der zum Containerdorf fuhr und die Integrationsbeauftragte selbst mit Händen und Füssen bei den Flüchtlingen für die Party warb. Flugs füllte sich das Gefährt, und Mitglieder und Neulinge erlebten ein denkwürdiges Sommerfest, das ganz im Zeichen des kulturellen Austausches stand. „Vor allem über den Tanz und die Musik konnten wir uns verständigen“, sagt Susanne Otto.

Der dritte Vereinsvorsitzende, Dr. Turgay Eroglu, pflichtet ihr bei. „Man muss sie regelrecht an die Hand nehmen. Es kostet viel Engagement, um die Flüchtlinge von etwas zu überzeugen“, sagt der Deutsche mit türkischen Wurzeln, im Beruf Chirurg im Krankenhaus Harburg. Er selbst habe durch seine Sprachkenntnisse und sein Aussehen einen leichteren Zugang zu den Flüchtlingen, sagt Eroglu; das erlebe er auch bei der Arbeit im Hospital. Dass die SVL-Vereinsmitglieder an diesem „Tag der Integration durch Sport“ unter sich bleiben, findet er nicht weiter tragisch. Er erarbeitet mit Vereinskollegen nämlich gerade ein Konzept, wie der SVL das Potential nutzen kann, das die Flüchtlinge bieten. „Wir begreifen die gegenwärtige Situation als große Chance für den SV Lurup. Wir sind mit über 2000 Mitgliedern der größte Sportverein am nordwestlichen Rand Hamburgs. Wir wollen Flüchtlinge aktiv ansprechen und für unseren Verein gewinnen. Das wäre eine Bereicherung für uns und den ganzen Stadtteil“, sagt Eroglu. (Siehe dazu auch das am Mittwoch erscheinende Interview mit Dr. Eroglu auf der DOSB-Homepage)

Schon für das vereinseigene Oktoberfest wollen Susanne Otto und Turgay Eroglu wieder in den Unterkünften werben und hoffen, neue Gesichter aus Syrien, Eritrea oder Afghanistan begrüßen zu dürfen. Denn wer es mit der Integration durch Sport ernst meint, braucht einen langen Atem.

(Autor: Frank Heike)

Eine bundesweite Übersicht über weitere Veranstaltungen im Rahmen des „Tags der Integration durch Sport“ finden Sie hier.


  • 75 gut gelaunte Läufer und Walker machten sich am Sonntag bei hoher Luftfeuchtigkeit und angenehmen 18 Grad auf die Strecke.
    75 gut gelaunte Läufer und Walker machten sich am Sonntag bei hoher Luftfeuchtigkeit und angenehmen 18 Grad auf die Strecke.
  • Das Organisations-Team des SV Lurup. (Fotos: Otto/SV Lurup)
    Das Organisations-Team des SV Lurup. (Fotos: Otto/SV Lurup)