Frauen beim Training unter sich

Junge Menschen, fremd in Deutschland. Mädchen und Jungen zwischen zwölf und 27 Jahren mit Migrationshintergrund. Der Christliche Verein Junger Menschen in Weimar (CVJM) hilft ihnen bei den ersten unsicheren Schritten in einem neuen Umfeld, in einer ungewohnten Kultur. Ziel ist es, gerade diese Menschen in unserer Gesellschaft in das Alltagsleben zu integrieren. Ein Weg führt über den Sport.  

So bietet der Verein, der neben dem Diakonischen Zentrum Sophienhaus Weimar GmbH Träger des Jugendmigrationsdienstes Weimar ist, regelmäßige Fitnesskurse an. Ausschließlich für Mädchen und junge Frauen. Seit Februar wird zweimal in der Woche trainiert, werden Medizinbälle durch die Luft geworfen, auf Turnmatten Bauchübungen absolviert oder an bunten Gymnastikbändern die Armmuskulatur gestärkt. Das multikulturelle Fitnessprojekt wird dankbar angenommen.

 

Von Spätaussiedlerinnen aus Russland und Kasachstan ebenso wie von Frauen aus Korea, der Türkei, Bosnien und natürlich Deutschland. 30 bis 40 sportbegeisterte Mädchen und Frauen kommen regelmäßig, zwei Drittel von ihnen sind Migrantinnen. Gesprochen wird nur in einer Sprache: „Die Teilnehmerinnen müssen bei uns deutsch reden, dies setzt die Hemmschwelle zur Kommunikation auch in der Öffentlichkeit deutlich herab.“, erklärt Katrin Kalweit vom CVJM den Grund. Vor allem aber wird auf ein weiteres entscheidendes Kriterium Wert gelegt - Frauen unter sich. „Die Mädchen und Frauen sollen einmal neue Rollenbilder erfahren, ihre Mentalität erweitern und ein höheres Selbstwertgefühl aufbauen.“ Vielen Mädchen ist Sporttreiben aus ihrer eigenen Kultur völlig unbekannt. Oft wird den Männern beim Fußball zugeschaut, mehr nicht. Doch in Weimar schlüpfen auch muslimische Frauen in den Trainingsanzug. Dafür werden extra die Jalousien an den Fenstern des Übungsraumes herabgelassen. „So können sie trotz ihrer Traditionen gesundheitsbewusst leben und einmal dem Alltagstrott entfliehen.“

 

Die Vorzüge des Integrationsmotors Sport sind für den CVJM auch in anderer Richtung sinnvoll. „Der Sport ist einfach eine tolle Kontaktmöglichkeit ohne Scheu auf andere Menschen, auch auf Deutsche zuzugehen.“, so Katrin Kalweit. Zusätzlich zum Fitnessprojekt gibt es zahlreiche Begleitangebote. So wird in lockerer Runde im Kurs „Lebensführung in Deutschland – Gesundheit und Ernährung“ über die Frage gesprochen, wie mache ich mir ein Schulbrot? Es klingt einfach und ist für die Migranten doch eine neue Lebensweise. Im werkpädagogischen Angebot können die Mädchen Spielzeug aus Holz herstellen und dadurch ihr handwerkliches Geschick entdecken.

 

Aber auch an die Männer wird gedacht. Auf dem 2007 angelegten Beachvolleyball-Feld wird in gemischten Teams gepritscht und gebaggert. Für den Herbst ist der Start von zusätzlichen Workoutkursen geplant, unterstützt von ehrenamtlichen Sportstudentinnen der Universität Jena. Denn hier ist das weibliche Geschlecht wieder unter sich. Aufgrund all dieser vielfältigen Projekte ist der CVJM Weimar offizieller Integrationsstützpunkt im Freistaat und wird als solcher durch den Landessportbund Thüringen gefördert.
Silvia Otto