„Ich habe das Gefühl, Deutschlands Ausländergesetze sind schärfer geworden“

Atika Bouagaa, eine der Integrationsbotschafterinnen (Foto: Atika Bouagaa)
Atika Bouagaa, eine der Integrationsbotschafterinnen (Foto: Atika Bouagaa)

Atika Bouagaa (24) ist eine von drei Inte­grations­bot­schaf­te­rinnen, die der DOSB anlässlich des Inte­gra­tions­gipfels bei Bundes­kan­zlerin Angela Merkel vorgestellt hat.

Die Volley­ball­na­tional­spie­lerin ist das jüngste von vier Kindern tunesischer Einwanderer. Geboren und aufge­wachsen ist Atika Bouagaa, wie ihre beiden Brüder und ihre Schwester, im Offen­burger Stadtteil Uff­hofen, in Baden-Württemberg. Ihre Berufung zur Integra­tions­bot­schaf­terin nimmt die gelernte Ver­sicherungs­kauf­frau auch als be­ruf­liche Inspiration für die Zeit nach dem Volleyball. Der bestimmt momentan noch ihr Leben, das nächste große Ziel heißt Olympia 2008 in Peking.

Atika Bouagaa hatte eine ganz normale, unbeschwerte Kindheit in Offenburg. „Der Stadtteil Uffhofen hatte schon damals einen relativ hohen Ausländeranteil. Ich bin im Grunde unter Ausländern in Deutschland groß geworden, da spielte die Herkunft nie wirklich eine Rolle, weder in der Schule noch auf dem Spielplatz. Ich hatte eine coole Kindheit“, fasst Atika Bouagaa rückblickend zusammen. Ihre Eltern sind in den 50er Jahren nach Deutschland gekommen, in einer Zeit also, als Gastarbeiter dringend gebraucht wurden. Über ihren älteren Bruder Mousin kam sie bereits während der 4. Klasse über eine AG zum Vereinsvolleyball. Ihr Talent, welches ihr nach eigener Aussage „in die Wiege gelegt worden ist“, hat sie, gepaart mit Trainingsfleiß, im Volleyball den direkten Weg zur Nationalspielerin gehen lassen.

Aus einem halbjährigen Abstecher nach Italien, natürlich des Volleyballs wegen, hat sie Erfahrungen gemacht, wie andere Länder mit Ausländern umgehen. „In Italien haben die Leute eigentlich immer vorausgesetzt, dass man italienisch spricht“, erinnert sich Atika. „Wenn man das nicht gesprochen hat, ist es schnell schwierig geworden mit der Verständigung, weil die meisten Italiener entweder kein englisch gesprochen haben, oder es aber nicht sprechen wollten. Das ist schon ein großer Gegensatz zu Deutschland, wo zum einen viele Menschen englisch sprechen können, auch wenn es nur ein paar Brocken sind, und es auch wollen“, so Atika Bouagaa.

Integration im Sport funktioniert so problemlos, warum nicht auch im Alltag?

Die ersten negativen Erfahrungen wegen der Herkunft ihrer Eltern hat Atika Bouagaa in Berlin gemacht. „Ich musste da wegen meiner Ausbildung zur Versicherungskauffrau viel mit U- und S-Bahn zwischen Sportkomplex und Arbeitsstätte hin und her fahren. Da habe ich zum ersten Mal rassistische Äußerungen gegen mich gehört, oder wurde angerempelt“, erinnert sie sich. „Es war nie wirklich schlimm, nur unangenehm, weil ich zwar hätte reagieren können, ich aber gedacht habe, es ist besser nichts zu tun.“ Heute ist so eine Art von Ausländerfeindlichkeit für sie kein Thema mehr, da machen ihr andere Veränderungen schon mehr Sorgen: „Ich habe das Gefühl, dass Deutschlands Ausländergesetze schärfer geworden sind. Meine Schwester, die wie ich hier geboren und Deutsche ist, wollte ihren Mann aus Tunesien nach holen, dass war sehr schwierig und hat insgesamt acht Monate gedauert“, erklärt Atika Bouagaa. „Man sollte Ausländer unterscheiden können, nicht alle sind gleich.

Im Sport funktioniert die Integration ohne Probleme. Alle haben ein Ziel und arbeiten gemeinsam dafür, vielleicht fehlen den Menschen außerhalb des Sports solche gemeinsamen, verbindenden Ziele“, so Atika Bouagaa. Im Rahmen ihrer  Funktion als Integrationsbotschafterin will sie auf jeden Fall Dinge bewegen, denn dass Deutschland ein gastfreundliches Land ist, hat sie wie so viele im Rahmen der Fußball-WM neu kennen gelernt: „Da haben alle Menschen gefeiert, egal welcher Herkunft und Hautfarbe, das war unter integrativen Gesichtspunkten ein Traum“.

 

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    Atika Bouagaa, eine der Integrationsbotschafterinnen (Foto: Atika Bouagaa)