Integration unter dem Zirkuszelt - Die Gruppe "Quirlige" aus Memmingen

Der besondere Charakter der Gruppe liegt im sehr hohen Anteil an Migrantenkindern, fast 95 Prozent aller Kinder haben keine deutschen Eltern. Vor allem richtet sich das Angebot an Mädchen, so Alexander Ruppel: „Zwei Drittel der rund 50 Kinder sind Mädchen im Alter zwischen 6 und 15 Jahren. Als Marina mit der Gruppe begann, waren es sogar zunächst ausschließlich Mädchen, die Jungen sind erst in den vergangenen Jahren schrittweise dazu gekommen. Vorher sind die lieber zum Fußball gegangen.“
 
Ursprünglich wollten Marina und Alexander Ruppel eine Gruppe für das Geräteturnen aufbauen. Doch als sie im Jahr 2001 am Wettbewerb „Kinder machen Zirkus“ teilnahmen und dort Erfolg hatten, fiel die Entscheidung, sich vornehmlich auf Akrobatik zu konzentrieren. Mittlerweile hat die Gruppe „Quirlige“ zahlreiche Auftritte hinter sich, so zum Beispiel beim Streetsoccercup in Kirchheim Ende Mai und beim „Spiel ohne Grenzen“ des dortigen Programms „Integration durch Sport“ im Juli.
 
Akrobatiktraining ist abwechslungsreich
 
Mindestens drei Mal in der Woche jeweils 1,5 bis 2 Stunden trainieren die Kinder in der Gruppe. Dabei lernen die Kinder zunächst einmal auch richtig zu gehen, sich koordiniert zu drehen und machen Übungen zur Kräftigung der gesamten Muskulatur. „Diese Übungen machen die Mädchen und Jungen gemeinsam, danach wird die Gruppe unterteilt. Die Einen machen Handstand, Brücke und Spagat, die Anderen jonglieren mit Bällen oder Keulen, bzw. fahren Einrad“, erklärt Alexander Ruppel eine typische Trainingseinheit.
 
Die Kinder nehmen aus den Einheiten neben den Akrobatikkenntnissen auch Disziplin und Ehrgeiz in die Schule oder den Kindergarten mit. Weil das Training ausschließlich auf Deutsch statt findet, erleichtert es den Kindern die Integration in die Gesellschaft. Die Kostüme für die Vorstellungen entstehen übrigens in Eigenregie. „Die Stoffe kaufen wir selbst, wir werden dann von den Eltern beim Anfertigen der Kostüme unterstützt. Jedes Kind hat zwischen drei und sechs verschiedene Kostüme für die Vorstellungen“, so Alexander Ruppel. Dabei leistet das Programm „Integration durch Sport“ wichtige Unterstützung. Es fördert die Gruppe mit Zuschüssen zum Material, aber auch mit Geld für die beiden Übungsleiter Martina und Alexander. Nur dank dieser Hilfe ist die Gruppe in der Lage, ausreichend Geräte wie Seile, Keulen, Bälle, Matten oder Einräder zu beschaffen.
 
Vorzeigeakrobaten der Gruppe sind die 6-jährige Alexandra Siegfried und der 18 Jahre alte Pavel Kamorow. Alexandra ist bereits seit drei Jahren dabei und beherrscht bereits den so genannten „Schweizer“ (aus dem Sitzen direkt in den Handstand) perfekt. Pavel ist seit sechs Jahren dabei und beginnt in Kürze eine Ausbildung zum Artisten an einer Ballettschule in Berlin.
 
Marina und Alexander Ruppel leben mit ihren drei Töchtern seit 1995 in Deutschland. In Kasachstan haben beide an einer Sportschule gearbeitet, Marina als gelernte Zirkusartistin und Alexander als Sportlehrer. Natürlich sind ihre drei Töchter auch Teil der „Quirlige“: Während die 10-jährige Alina als „Schlangenmensch“ auf sich aufmerksam macht, sorgt die 2 Jahre ältere Lili bei den Bayrischen Kunstturnmeisterschaften mit vorderen Plätzen für Aufsehen.