"Warum lassen sich moslemische Frauen nicht oder nur wenig auf Sport ein?" fragt Prof. Manuela Westphal.
Die Integration hat in Deutschland noch manchen weißen Fleck. Dazu gehört die Eingliederung von moslemischen Mädchen und Frauen in die deutsche Gesellschaft, über die selbst der Wissenschaft wenig Erkenntnisse vorliegen. Vor allem die Möglichkeiten des Sports, ansonsten ein probates und auch ohne große Sprachkenntnisse funktionierendes Mittel, sind bisher nicht ansatzweise untersucht worden. „Es ist keine Forschung zu diesem Thema vorhanden", meinte Pädagogik-Professorin Dr. Manuela Westphal in einem Vortrag anlässlich des Internationalen Deutschen Turnfests in Berlin.
Aus ihrer Sicht geschieht die Integration durch Sport vor allem bei männlichen Aussiedlern und Migranten, wo der Sport einen überaus hohen Beliebtheitsgrad und Stellenwert hat. „Aber von einer Integration von moslemischen Frauen kann nicht gesprochen werden", sagte die Inhaberin eines Lehrstuhls am Institut für Migrationsforschung der Universität Osnabrück. Der Sport hat sich bei der 40-jährigen erst in den letzten Jahren zu einem Forschungsschwerpunkt herausgebildet, nachdem sie über den niedersächsischen Landessportbund den Zugang zu diesem Thema gefunden hatte.
"Von einer Integration von moslemischen Frauen kann nicht gesprochen werden."
„Die Frage ist doch nun einfach, warum lassen sich Jungen auf den Sport ein, aber türkische und andere moslemische Mädchen nur wenig oder nicht", meinte Manuela Westphal. Eine Erklärung ist nach ihrer Einschätzung immer noch die männliche Dominanz in den Sportorganisationen und Vereinen. Zudem würde der Sport von den Eltern in vielen Fällen als Bedrohung empfunden, so dass sie ein offizielles Verbot zur Teilnahme am Sport in der Schule oder auch im Verein aussprechen würden. „Welche Bedingungen vorliegen, müssen, um bei der Integration Erfolge durch den Sport zu erreichen, ist offen", meinte Manuela Westphal.
Wie es dazu kommt, ist ebenfalls nicht ganz klar, denn der Islam spricht kein generelles Bewegungsverbot für Mädchen und Frauen aus. Schwierigkeiten entstehen nur durch das Bedeckungsgebot und das Gebot zur Geschlechtertrennung.
Dennoch siegt Manuela eine gute Chance für Veränderungen, wie sie sich an vielen Orten anbahnen. „Eine geringe Organisation von Frauen in Vereinen ist nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit wenig Interesse", erklärte sie in Berlin. Es gäbe einerseits eine kleine Gruppe von Migratinnen, die sogar hoch sportiv seien. Zum anderen würden Eltern und Töchter vielfach einen heimlichen Kompromiss eingehen, in dem die Eltern stillschweigend ein Arrangement dulden. „Es erfolgt ein Durchsetzen der sportlichen Eigeninteressen durch Überreden, Verharmlosen und Verschweigen", sagte die Wissenschaftlerin.
In der Türkei würde in manchen Schichten ein eher westliches Körpergefühl vermittelt. In den Niederlanden sei sogar schon eine eigene Sportkollektion für moslemische Frauen entworfen worden, die Rücksicht auf das Bekleidungsgebot nehme. „Das steigende Interesse am Sport verdeutlicht, dass sich langsam, aber stetig ein Wandel vollzieht".