Kein Sommermärchen: Die beachtlichen Integrationsleistungen des Boxclubs Nordend Offenbach e.V.

Offenbach hat mit über 30 Prozent einen der größten Ausländeranteile aller Städte in Deutschland. Im Stadtteil Nordend, einem sozialen Brennpunkt mit überproportional vielen Bewohnern mit Migrationshintergrund, ist ein Boxclub angetreten, um über den Sport das gewaltfreie Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu fördern. Der Stützpunktverein des Programms „Integration durch Sport“ hat durch seine engagierte Arbeit über seine regionalen Grenzen hinaus von sich reden gemacht und zahlreiche Auszeichnungen erhalten.

„Der Boxsport an sich ist in Bezug auf Integrations- und Gewaltpräventionsarbeit kein Allheilmittel“, sagt Peter Firner, A-Lizenz-Inhaber, Cheftrainer und sogleich auch pädagogischer Leiter des Boxclubs Nordend Offenbach. „Es ist nicht damit getan, ein paar Sandsäcke aufzuhängen, an denen sich die Jungs und Mädchen abreagieren und anschließend sind dann die Probleme gelöst.“

Im Verein wird darum mittel- und langfristig an der Einstellung der jugendlichen Sportler gearbeitet. Ein enger regelmäßiger Kontakt der Übungsleiter zu den Sportlern ist dabei unablässig. Die Trainer im Boxclub Nordend Offenbach bringen die Bereitschaft und die soziale Kompetenz mit, sich mit schwierigen Jugendlichen auch über das Boxtraining hinaus zu beschäftigen. Über ein funktionierendes Netzwerk mit Schulen und Jugendzentren kommen auch die Unbequemen und Gewaltbereiten zum Boxclub und erhalten eine Chance. „Sozialpädagogische Phrasen von der Uni bringen einen da nicht weiter“, sagt der ehemalige Realschullehrer Peter Firner.

„Fördern und Fordern“

Das Konzept ist denkbar einfach wie wirksam und funktioniert nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“. Anfänger dürfen nur einmal in der Woche trainieren. Zusätzliche Trainingstage müssen verdient werden – mit regelmäßiger disziplinierter Teilnahme und respektvollem Verhalten auch gegenüber Schwächeren. Wer die erlernten Boxtechniken verwendet, um anderen Gewalt anzutun, der wird für alle Zeiten vom Training ausgeschlossen. Sportliche Erfolge stärken den Zusammenhalt und lassen sich von den sozialen nicht trennen. Ein Hessenmeister genießt nicht mehr Rechte als ein Anfänger. Diese Regel steht aber einer Leistungssteigerung nicht im Wege. Selbst wenn es so wäre: „Die Sozialarbeit steht über der sportlichen Entwicklung“, betont Peter Firner.

Neun von zehn Vereinsmitgliedern sind Migranten/-innen. Um die auch schulisch zu fördern, hat der Verein hat eine Hausaufgabenbetreuung mit acht Nachhilfelehrern ins Leben gerufen. Er hilft zudem bei Bewerbungen und kooperiert mit Betrieben. Neuerdings bietet der Boxclub Jugendlichen die Möglichkeit an, das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) im Verein zu absolvieren. Das FSJ kann anstatt des Zivildienstes abgelegt werden. Der Boxclub will mit dieser Maßnahme Schulabgängern mit schlechten Noten den Weg in eine Ausbildung ebnen oder mehr Chancen bei der Berufswahl eröffnen.

Der Club ist in Hessen und darüber hinaus bekannt dafür, dass er selbst Jugendliche mit kriminellen Vorgeschichten erfolgreich integriert. Für seine sozialen Aktivitäten wurde der Verein vielfach ausgezeichnet. Im November 2008 wurde er im Rahmen der Verleihung des Hessischen Präventionspreises geehrt. Im selben Jahr erhielt er den Hans-Gölzelmann-Preis für Streitkultur. Seit 2007 wird der Boxclub Nordend Offenbach vom Programm „Integration durch Sport“ gefördert. Integration ist jedoch kein Selbstläufer. „Das ist kein Sommermärchen“, sagt Peter Firner. „Die tägliche Arbeit, ist mit sehr vielen Rückschlägen und Enttäuschungen behaftet und man muss sich ständig neue Strategien überlegen.“