Und wer sich fragte, ob der Slogan der richtige sei, angesichts der gravierenden Probleme, die uns aktuell beschäftigen; vom Klimawandel über soziale Ungerechtigkeit bis hin zu rechtsextremen Entwicklungen und Tendenzen in der Welt und in Deutschland, dem antwortete das Staatsoberhaupt entschieden: Das Motto sei sehr gut und mit Bedacht gewählt. Es bringe nichts, sich vor den Problemen wegzuducken. Mit Blick auf die politische Debatten im Lande hob Frank-Walter Steinmeier in seiner Ansprache besonders auf Begriffe wie Vernunft, Respekt und Anstand ab. Sein Appell an die Demagogen: "Treibt das Land nicht auseinander, das schädigt unsere Demokratie."
Bürgerschaftliches Engagement ist eine der entscheidenden Säulen, die eine Gesellschaft zusammenhalten und der Demokratie Halt geben. Das Fest im Schlosspark Bellevue versteht sich auch als Reverenz an die Menschen in Deutschland, die sich mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz für andere Mitbürger und damit für die demokratische Grundordnung in Deutschland einsetzen.
Der organisierte Sport darf bei diesem Auftritt nicht fehlen und DOSB-Präsident Alfons Hörmann verlieh ihm auf dem Podium im Gespräch mit Moderatorin Andrea Vannahme eine Stimme. „Gerade in einer Gesellschaft, die mehr und mehr auseinanderdriftet, in der die Egoismen tendenziell zunehmen und an vielen Stellen Gemeinsames verloren geht, ist das Ehrenamt ein besonderes Markenzeichen in Deutschland. In Zahlen: über acht Millionen ehrenamtlich engagierte Menschen im Sport sind in 90.000 Vereinen in der Stadt und auf dem Land unterwegs. Und was wären unsere Städte und ländlichen Regionen ohne diese Sportvereine?", sagte er (Hier geht es zum vollständigen Interview)
Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, neben Finnland eines der beiden Partnerländer des diesjährigen Bürgerfestes, unterstrich Hörmanns Aussage mit einem pointierten Zitat: „Die Mentalität des Sports ist vom Staat nicht zu ersetzen."
Wenn man so denkt, ist die Mentalität des Sports beim Thema Integration genauso wenig zu ersetzen. Und natürlich muss das Bundesprogramm "Integration durch Sport" dann auch mit einem eigenen Stand auf dem Bürgerfest Präsenz zeigen– dieses Jahr gemeinsam mit dem „Sportabzeichen", das auf seine Art ebenfalls ein Symbol für eine aktive Gesellschaft ist und das die Besucher einlud, ihre Fitness zu testen.
Moralische Unterstützung lieferten eine Reihe von Ehrenamtlichen aus den Stützpunktvereinen des Bundesprogramms, die der DOSB nach Berlin eingeladen hatte – wie im Übrigen auch die Erstplatzierten des Vereinswettbewerbs „Sterne des Sports“ aus Erlangen, Klein-Krotzenburg und Lübeck. Insgesamt war es eine pralle, konzertierte Aktion des Sports an diesem Wochenende, von der sich auch der Bundespräsident bei seinem Festrundgang einen persönlichen Eindruck verschaffte.
Für zusätzliche öffentliche Aufmerksamkeit für das Bundesprogramm abseits des Standes sorgten der Rennrollstuhlfahrer Alhassane Baldé und der Journalist Frank Joung, die ihr sehr interessantes und gerade erst geführtes Gespräch aus der Bundesprogramm-Reihe „Halbe Katoffl Sport" am „Ort der Begegnung" fortführten. Im Fokus standen diesmal unter anderem die sportlichen Ambitionen des Athleten für die Paralympischen Spiele in Tokio.
Frank Busemann, Zehnkampf-Ikone und Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Atlanta 1996, versuchte mit großem Einsatz indes nicht nur Besucher fürs Sportabzeichen zu begeistern, er interviewte sich gleich selbst zum Thema Integration und Sport. Drei Fragen, drei Antworten:
Kann Sport zur Integration von Menschen mit fremden Wurzeln beitragen?
Ganz ehrlich: Fragen zu Sport und Integration kann ich nicht verstehen. Sport ist aus meiner Sicht Integration. Wie können wir es schaffen, dass wir alle gleich sind, dass wir miteinander leben, dass wir miteinander auskommen? Dafür reicht aus meiner Sicht ein Blick auf den Sportplatz, wo alle nach den gleichen Regeln und für die gleichen Ziele kämpfen. Es ist die emotionale Bindung, die einen zusammenhält – unabhängig von Herkunft, Glauben oder Hautfarbe.
Aber Sport ist eben nicht alles?
Sport ist die schönste Nebensache der Welt. Und für mich jahrelang die schönste Hauptsache. Und klar: Sport mag nicht alles sein, aber ohne Sport geht es nicht. Das ist bei uns in der Familie auch ein wichtiger Faktor. Ich sage zu meinen Kindern: Es ist völlig egal, welchen Sport ihr macht, aber ihr macht einen (lacht).
Ist Sport Heimat?
Mir fällt dazu eine kurze Geschichte aus meiner Sportlerzeit ein: Ich war verletzt damals. Dann kam ich zurück, trat bei internationalen Meisterschaften an und da begrüßte mich einer, der mein Konkurrent und Gegner war, der aus einem anderen Land kam, mit den Worten: Welcome back! Wenn ich an die Situation denke, rinnt es mir heute noch heiß den Rücken runter. Es war ein sehr eindrucksvolles Beispiel dafür, wie man ehrlich und aufrichtig miteinander umgehen kann. Ich fühlte mich wieder zuhause.
Man kann die Haltung, die Frank Busemann anspricht, Solidarität nennen. Ein Begriff für den auch die Initiative „One Billion Rising" steht, die sich als Symbol für einen weltweiten Frauen-Zusammenhalt versteht. Die Gruppe begeisterte auf der großen Bühne des Bürgerfestes, und sie zeigte am Stand Solidarität mit „Integration durch Sport". Ein Auftritt, der Mut machte - und „Lust auf Zukunft".
(Autor: Marcus Meyer)