Mehr Sport für die „Schnacke“

Wie die Integrationsabteilung des Hamburger SV (HSV e.V.) Bewegung in die Flüchtlingsunterkunft an der Schnackenburgsallee bringt.

Ein Blick auf die Sportanlage der Schnackenburgsallee (Foto: Frank Molter)
Ein Blick auf die Sportanlage der Schnackenburgsallee (Foto: Frank Molter)

Von Frank Heike (Text) & Frank Molter (Fotos)

Das nennt man aktive Pause – Artem, Andriy und Sofiya rennen dem Fußball hinterher. Die Jacken haben sie bei winterlichen Temperaturen abgelegt. Die Grundschüler*innen dieser besonderen Zweigstelle der Fridtjof-Nansen-Schule nutzen die Zeit zwischen zwei Deutschstunden bei Lehrerin Verena Klein für Bewegung an der Luft. 

Wir stehen am Eingang der Flüchtlingsunterkunft Schnackenburgallee, kurz: „Schnacke“. Auf dem Gelände vis a vis zum Volksparkstadion leben etwa 1300 Geflüchtete aus der Ukraine. Betritt man die Unterkunft, stehen rechter Hand nun der „soccer court“ (umzäunt, Gummiboden, kleine Tore), auf dem gerade die eifrigen Kicker unterwegs sind. Dazu ein Basketballplatz, ein Badmintonfeld und ein Tischtennistisch; in einem größeren, beheizten Container im hinteren Teil der Unterkunft können Yoga, Kampfsport und Gymnastik betrieben werden. 

Gefördert durch Mittel und Unterstützungsleistungen des Hamburger Sportbunds (HSB), hat sich der große Hamburger SV (HSV) als Stützpunktverein im Programm „Integration durch Sport“ des HSB auf den Weg gemacht, Sport in der „Schnacke“ anzubieten und zu koordinieren.

Nachdem er im März 2023 als Minijobber beim HSV e.V. im Bereich Integration begonnen hat, ist Dominik Zink seit September 2023 mit 20 Wochenstunden als „Mitarbeiter für Integration“ tätig. Inzwischen arbeitet der 28-Jährige als Brückenperson für die gesamte Integrationsarbeit des HSV e.V. die „Schnacke“ betreffend: „Ich habe das Gefühl, etwas Gutes zu tun. Es ist auch herausfordernd, denn ich muss viele Menschen von unterschiedlichen Organisationen miteinander vernetzen.“

Auf die Beine gestellt hat Inken Pfeiffer diese Zusammenarbeit vor fast drei Jahren. Die 31-Jährige ist als „Koordinatorin Integration/Inklusion“ tätig. Damals wurde der „Parkplatz Braun“ wieder für die Errichtung einer Geflüchteten-Unterkunft benötigt. Inken Pfeiffer sagt: „Es war naheliegend, dort zu helfen, denn die Geflüchteten schauen ja quasi auf das Volksparkstadion. Wir sind ein großer Verein mit einem vielfältigen Angebot. Wir wollen den Menschen einfach Freude schenken.“ Mit Mitteln des HSB, der Stiftung „Der Hamburger Weg“ und der HSV-Campus gGmbH ausgestattet, begannen die Projekte in der Unterkunft. Zunächst mit einem Tischtennis-Angebot, das zwei- bis dreimal die Woche sehr gut angenommen wurde. Das betreute ein Übungsleiter aus der HSV-Tischtennisabteilung – der Idealfall. Für andere Kurse war es schwieriger, Übungsleiter zu finden. Pfeiffer sagt: „Den Ehrenamtlichen fehlt häufig die Zeit, neben ihrem Job und ihren bestehenden Sportgruppen weitere Projekte zu begleiten.“ In der „Schnacke“ ist gerade die Aktivierung der Erwachsenen oft mühsam, obwohl die Angebote aller Programme auf Ukrainisch an zentraler Stelle hängen. Gut lief wiederum ein Boxangebot für Frauen – bis die Trainerin umzog. Inken Pfeiffer sagt: „Ideal wäre eine Person, die in der Schnacke wohnt und das Sportangebot übernehmen könnte. Doch das ist schwierig planbar, weil nicht klar ist, wie lange die Menschen in der Schnacke untergebracht sind.“ Manchmal wiederum reicht schon eine Person als Mundpropagandistin: Eine Yogalehrerin hatte jüngst eine einzige Teilnehmerin in ihrem Kurs. Aber: „Das ist so viel mehr als gar keine“, sagt Dominik Zink, „denn sie kann für weiteren Zulauf und vor allem Vertrauen in das Angebot sorgen.“ 

Viele Entwicklungsschritte hat das HSV-Projekt genommen. Manche noch vor sich. Inken Pfeiffer und Dominik Zink sind sich dessen bewusst. Er sagt: „Wenn wir viele der ,normalen‘ Vereins-Angebote eins zu eins in der Unterkunft anbieten könnten, wäre das super. Wir kontaktieren die Abteilungen, klären alles Organisatorische und sie legen los.“

So wie die kleinen Pausen-Kicker. Die haben neben dem Fußball eine weitere, sehr beliebte Pausen-Beschäftigung: Sie entern den Spiele-Container mit Bällen, Laufrädern, Bobbycars, Wurfspielen. Für alle ist etwas dabei. Die Grundschüler*innen wählen aus einem Katalog, welches Spielzeug sie in den Pausen haben möchten und hinterlegen als Pfand einen Ausweis, den sie von der Schule bekommen haben. Das funktioniere gut, berichtet Dominik Zink, wie die gesamte Kooperation mit der Schule dank Lehrerin Verena Klein prima gelänge.

Überhaupt hat man beim HSV e.V. das Gefühl, als Stützpunktverein des HSB in der „Schnacke“ tatkräftig im Einsatz für eine gute Sache zu sein: „Es ist einfach schön, dass man die Früchte unserer Integrations-Arbeit jetzt sieht“, sagt Inken Pfeiffer.


  • Ein Blick auf die Sportanlage der Schnackenburgsallee (Foto: Frank Molter)
  • Dominik Zink - Integrationsbeauftragter des HSV (Foto: Frank Molter)