Das Ziel des Kurses war es, nicht nur physische Techniken zu vermitteln, sondern auch die eigene Stärke zu entdecken, persönliche Grenzen zu definieren und Wege aufzuzeigen, bei denen die Kraft nicht der entscheidende Faktor für die Verteidigung ist. Julia, die seit ihrem neunten Lebensjahr in verschiedenen Kampfkunststilen trainiert wurde, leitet den Kurs mit dem Wunsch, ihre Erfahrungen und das Gefühl der Sicherheit an andere Frauen* weiterzugeben.
Die Idee, Selbstverteidigungskurse anzubieten, hatte sie schon länger, vor allem, weil sie immer wieder zu hören bekam, dass sie sich doch sicherlich gegen alles zu Wehr setzen könnte. Was so tatsächlich nicht stimmt, das zu betonen wird sie auch nicht müde, sie versucht aber Wege aufzuzeigen, dass die Situation, sich körperlich wehren zu müssen, gar nicht erst aufkommt. Daher war sie sich lange nicht sicher, ob ihre Expertise nach über 30 Jahren Kampfsport auch ausreicht, was sie gerne mit einem Augenzwinkern bemerkt. Aber nach den ersten Gehversuchen mit Freund*innen und deren Unterstützung war ihr klar, dass ihre Erfahrung sehr wohl ausreicht, FLINTA* das gewisse Handwerkzeug mitzugeben, um sich zu verteidigen und vor allem aber, ihnen ihre eigenen Stärken aufzuzeigen. Das funktioniert vor allem daher so gut, weil es in diesen Kursen keine männlich gelesenen Personen gibt und die Teilnehmer*innen sich so frei und unbeobachtet ausprobieren können.
Die Teilnehmer*innen des Kurses lernten nicht nur konkrete Techniken zur Selbstverteidigung, sondern auch die Bedeutung von Achtsamkeit, Selbstbewusstsein und präventiven Maßnahmen. Der Kurs wurde in einer Umgebung abgehalten, in der die individuellen Bedürfnisse und Grenzen der Teilnehmer*innen jederzeit respektiert wurden.
Die Atmosphäre während des Selbstverteidigungskurses war geprägt von Empowerment und Solidarität. Die Frauen* tauschten Erfahrungen aus, ermutigten sich gegenseitig und stärkten ihre Selbstsicherheit. Und hatten aber vor allem auch viel zu lachen und Spaß.
Der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen bot einen bedeutsamen Rahmen für diese Veranstaltung, da er das Bewusstsein für die Herausforderungen schärfte, mit denen Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, transgeschlechtliche und geschlechtlich diverse Personen weltweit konfrontiert sind. In diesem Rahmen zeigte Julia ein weiteres wichtiges Tool für Frauen* weltweit, um Hilfe zu bitten, ohne sich laut äußern zu müssen (hilfreich beispielsweise in Situationen, in denen sie nicht allein sind). Dabei handelt es sich um ein Handzeichen, bei dem die betroffene Person ihre rechte Handfläche hebt, anschließend den Daumen in die Handfläche legt und die verbleibenden vier Finger über den Daumen schließt und somit anzeigt, dass sie sich in einer hilfsbedürftigen Situation befindet. In unserer Fotogalerie könnt ihr euch dieses Handzeichen anschauen, merken und gern mit allen Menschen teilen, sodass sie es anwenden können, wenn sie es brauchen und erkennen, wenn andere Menschen es verwenden.
Der Selbstverteidigungskurs beim ATV Berlin bot den Teilnehmer*innen darüber hinaus auch eine Gelegenheit, sich zu vernetzen und ihre Stärken aktiv wahrzunehmen. Julia hofft, dass diese Kurse dazu beitragen werden, eine Atmosphäre der Solidarität und des gegenseitigen Respekts zu schaffen, in der FLINTA* sich sicher, stark und unterstützt fühlen können. Die Kurse sind fester Bestandteil des Angebots des ATV und werden das, wenn man Julias Spaß daran sieht, auch lange bleiben.