Starthilfe fürs Leben – Anton Kühn trainiert Berliner Grundschüler

„Da kommt der Anton – jetzt machen wir Sport“, rufen die Kinder, wenn sie Anton Kühn kommen sehen. Die Freude der Kinder ist für den Diplom-Sportlehrer immer wieder die wichtigste Motivation. Das Training an Berliner Grundschulen ist für ihn mehr als ein Job. „Man sieht, wie die Kinder sich entwickeln, körperlich und auch in der Gemeinschaft“, erklärt er und beschreibt damit bereits das Kernziel des Programms „Integration durch Sport“. Es geht nicht nur um die körperliche Fitness der Kleinen, sondern auch um das Zusammenleben in der multikulturellen Gemeinschaft.

 

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen war für Anton Kühn schon immer ein beruflicher Schwerpunkt. Der gebürtige Pole hat bis anfang der neunziger Jahre in Stettin als Trainer und Sportpädagoge gearbeitet. Dann ging er zunächst nach Nordrhein-Westfalen und kam von dort 1996 nach Berlin. Das Arbeitsamt vermittelte ihm damals eine Stelle in einem Jugendprojekt zur Gewaltprävention. „Anfangs habe ich hier in Berlin praktisch mit Jugendlichen von der Straße gearbeitet“, sagt Anton Kühn. Das war nicht immer einfach, räumt er ein. 2001 kam er dann im Rahmen des Programms „Integration durch Sport“ an das Trainingsprogramm an Grundschulen. Heute leitet er Fußball AGs an zwei Grundschulen in Berlin: Der Alfred-Adler-Grundschule in Marienfelde und der Grundschule am Schäfersee in Reinickendorf. Jeweils einmal pro Woche fährt er mit seinen Bällen im Gepäck vor und wird jubelnd empfangen.

 

„Die Kinder sollen spielend lernen“, sagt er und meint damit vor allem die Erstklässler. Sie müssen sich mit Beginn der Schule ja nicht nur an den Unterricht und das Lernen gewöhnen. Sie müssen sich auch untereinander kennen lernen. „Die Kinder sind oft ganz unterschiedlicher Herkunft.“ Sie kommen aus der ehemaligen Sowjetunion, aus der Türkei oder arabischen Ländern; einige stammen auch aus Asylbewerberfamilien aus anderen Teilen der Welt, berichtet Kühn. Der 57-jährige sieht seine Aufgabe auch darin, sie in ihrem Zusammenleben zu unterstützen. Fußball helfe, Aggressionen und Unsicherheiten abzubauen.

 

Integration spielend gelernt

 

Anton Kühn kennt die unterschiedlichen Temperamente und auch Fähigkeiten seiner Schützlinge. „Es fällt auch auf, dass viele Kinder in ihrer Beweglichkeit und Motorik nicht altergemäß entwickelt sind.“ Ihnen fehle es an Bewegung, Sport und Spiel; auch in der Familie. In den ersten sechs Monaten fängt er deshalb mit ganz einfachen Anforderungen an. Geschicklichkeitsübungen wie Hüpfen auf einem Bein stehen dann auf dem Programm. „Wir müssen erst einmal die Motorik trainieren.“ Erst danach beginne die „zweite Halbzeit“ mit Technikübungen und Regellernen. „Was ist ein Foul, wann gibt’s 11-Meter.“ Schön findet er, dass auch viele Mädchen mitmachen. „Die sind allerdings oft über ehrgeizig und wenn es nicht gleich klappt, ganz enttäuscht.“ Da muss der Trainer so manches Tränchen trocknen. „Die Kinder sollen auch lernen, sich selbst einschätzen zu können.“ Stärken und Schwächen kennen und akzeptieren – bei sich und anderen; auch darum geht es.

 

In den folgenden Klassen 2 bis 4 geht es schon um mehr: „Da kristallisieren sich dann die Talente heraus“, sagt Kühn. In diesen Fällen ist er auch Vermittler und spricht mit den Eltern und passenden Vereinen, um den Kindern dort eine weitergehende Förderung zu ermöglichen. „Ich kenne die meisten lokalen Vereine und wir haben immer guten Kontakt.“ Schließlich profitieren davon auch die Stützpunktvereine des Programms „Integration durch Sport“. Pro Jahr vermittelt er so bis zu 60 Kinder in Vereine – oft mit erfolgreichen Perspektiven. Zuletzt landete einer seiner ehemaligen Grundschüler sogar in der C-Jugend des Bundesligisten Hertha BSC – ein tolles Beispiel für erfolgreiche Integration durch Sport. Das findet auch Anton Kühn und packt wieder seine Sporttasche. Seine Schüler erwarten ihn schon.

 

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