Ryshich, der sich als Stabhochspringer und Stabhochsprungtrainer in Russland einen Namen gemacht hatte, hoffte auf die Gelegenheit, sich hierzulande einbringen zu können.
Von Omsk nach Ulm
Von Omsk nach Ulm, von Sibirien nach Schwaben – es war ein 4000-Kilometer-Ortswechsel, der nicht nur klimatische Veränderungen mit sich brachte. „Ich konnte damals kein Wort deutsch“, sagt Wladimir Ryshich. Und trotzdem fand er schnell den Anschluss, denn er hatte ja den Sport. Der SSV Ulm wurde seine erste Anlaufstation in der neuen Heimat. Nach nur fünf Monaten in Deutschland übernahm er dort einen Trainerposten für Stabhochsprung. „Mein Deutsch war noch schlecht. Da haben wir halt mit Händen und Füßen geredet. Ich hab vorgezeigt, wie es geht und die Sportler haben es nachgemacht. Das hat gereicht.“
Die Springer-Familie
Inzwischen hatte Ryshich auch seine Familie nach Deutschland geholt: Seine Frau Katja und die beiden Töchter Nastja und Lysa - Eine echte Sportlerfamilie. Ehefrau Katja war in der Sowjetunion Hochspringerin. Die beiden Töchter traten schon bald in die Fußstapfen der Eltern.
Nastja Ryshich beim Wettkampf.
Lisa, beim Umzug nach Deutschland erst drei Jahre alt, ließ sich noch ein bisschen Zeit. Die neun Jahre ältere Nastja nahm der Vater beim SSV Ulm unter seine Fittiche. Es zeigte sich ziemlich bald, dass in den Töchtern ein großes Talent steckte.
Verein half beim Einleben in Deutschland
Auch auf sozialer Ebene waren die Verbindungen der Familie zum Sport hilfreich, sagt Wladimir Ryshich. Mitarbeiter des SSV Ulm halfen bei Behördengängen und den ganz normalen Alltagsfragen. „Wir haben uns von Anfang an zu Hause und willkommen gefühlt“, sagt Ryshich. „Sport ist international. Da spielt die Herkunft keine Rolle. Da zählt die Leistung.“ Für die beiden Töchter Nastja und Lisa trifft das besonders zu. Sie gehören heute zu den Top-Stabhochspringerinnen in Deutschland. Lisa ist im Sommer dieses Jahres Juniorenweltmeisterin geworden.
Die Töchter sind in die Fußstapfen ihrer sportlichen Eltern getreten.
Schon im vergangenen Jahr hatte sie den U18-WM-Titel geholt. Die große Schwester Nastja wurde 1999 Hallen-Weltmeisterin. Beide sind in Deutschland voll integriert sagt der stolze Vater. Besonders Lisa hat kaum noch emotionale Bindungen zur alten Heimat. Das liegt wohl auch an ihrem jungen Alter bei der Einreise nach Deutschland. „Ich denke deutsch, auch wenn wir zu Hause russisch sprechen“, sagt sie akzentfrei.
Heimweh gibt’s bei uns nicht
Der Musterweg der Ryshichs bei der Integration in die deutsche Gesellschaft zeigt sich auch an der Karriere von Vater Wladimir. Nach nur einem Jahr beim SSV Ulm bekam er ein Angebot vom Bundesleistungszentrum LAZ Zweibrücken. In der Stadt in Rheinland-Pfalz an der Grenze zum Saarland und zu Frankreich lebt die Familie bis heute. Ryshich ist inzwischen zum ABC Ludwigshafen gewechselt, wo auch Nastja und Lisa unter ihm trainieren. Nach Russland zieht es die Familie immer wieder. Vor allem wegen der Verwandten. Aber „Heimweh gibt’s bei uns nicht. Sport verbindet da fühlt man sich überall zu Hause“, sagt Wladimir Ryshich.