Thema des Monats September 2009: Sportliche Ringkämpfe an der Christophorus-Förderschule

"Spielerisches Kräftemessen in der Sambo-AG (Quelle: Eduard Marker)
"Spielerisches Kräftemessen in der Sambo-AG (Quelle: Eduard Marker)

Der Stützpunktverein des Programms „Integration durch Sport“ Heidenheimer Sportbund 1846 e.V. und die Christophorus-Förderschule sind eine ungewöhnliche wie wirkungsvolle Kooperation eingegangen. Einmal in der Woche trainieren Kinder mit Lernbehinderungen oder Verhaltensauffälligkeiten die russisch-sowjetische Kampfsportart Sambo. Sie lernen ihre eigenen Stärken kennen, Regeln einzuhalten und sie erfahren die Grenzen eigener Belastbarkeit.

Die Kinder der Sambo-AG besuchen die Christophorus-Förderschule aus verschiedenen Gründen. „Es sind Kinder mit Lernbehinderungen oder Verhaltensauffälligkeiten wie Hyperaktivität. Viele haben auch einfach nur Schwierigkeiten dem Unterricht zu folgen, weil sie die deutsche Sprache nicht genügend beherrschen“, erklärt Eduard Marker. Zehn von zwölf Kindern der Sambo-AG haben einen Migrationshintergrund. Die meisten kommen aus der Türkei, aber auch aus dem arabischen Raum und Italien.

„Die Kinder der Sambo-AG können sich im Training nicht lange auf etwas konzentrieren“, berichtet Eduard Marker, Abteilungsleiter Sambo beim Heidenheimer Sportbund (HSB). „Manchmal sind sie wie aufgedreht. Es gibt Tage, da merke ich gleich zu Trainingsbeginn, das wird heute nichts. Dann spielen wir nur.“ Seit April 2009 trainiert der aus Kasachstan stammende Übungsleiter 12 Kinder der Förderschule. „Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe mit diesen Kindern zusammenzuarbeiten“, sagt er. „Deswegen ist die Gruppe zunächst klein gehalten. Wir hätten zwar immer eine pädagogische Hilfestellung durch die Lehrkräfte der Christophorusschule, auf die wir zurückgreifen könnten, doch mit einer Gruppe dieser Größenordnung kommen wir alleine zurecht.“

Fortschritte sichtbar

Der Förderbedarf der Schüler der Christopherusschule setzt sich in ihrer Beweglichkeit und ihrer Koordination fort. „Selbst einfachste Dinge wie Purzelbäume oder dergleichen konnten die Kinder am Anfang nicht“ berichtet Eduard Marker. „Bei uns im Verein reicht es, die Übungen ein Mal zu zeigen, den Kindern der Sambo-AG muss ich die Techniken öfter vormachen.“ Mittlerweile sind die Fortschritte sichtbar. Drei Kinder aus der AG besuchen inzwischen auch regelmäßig das Training beim HSB. Ein Kind, der 11-jährige Simon, ist mit besonderer Begeisterung dabei. „Simon ist ein großes Talent. Ich hoffe, er bleibt dabei“, sagt Eduard Marker.

Der jugendliche Co-Trainer der Sambo-AG, Florian Thurner, hat früher selbst die Christophorus-Förderschule besucht. Er ist gewissermaßen verantwortlich für das Projekt. „Der Florian ist seit fast vier Jahren bei uns“, berichtet Eduard Marker. „Bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr hat er drei bis viermal die Woche bei uns trainiert. Diesen Ehrgeiz kannte ich von anderen Kindern nicht.“ Heute ist Florian Thurner Mitglied der deutschen Jugend-Nationalmannschaft. Im April 2009 fuhr er sogar zur Sambo-Europameisterschaft in Litauen. „Florians positive Entwicklung hat uns dazu veranlasst, beim Rektor der Christophorusschule vorzusprechen und die Sambo-AG ins Leben zu rufen“, erklärt Eduard Marker.

Eduard Markers Begeisterung für seine Aufgabe ist spürbar. Genau wie sein Trainerkollege Vladilen Molokov hat er zwei „Sport interkulturell“-Fortbildungen des Programms „Integration durch Sport“ besucht.  „Ich war richtig begeistert“, erzählt er. „Vor allem die interkulturellen Spiele fand ich sehr interessant. Vieles von dem, was ich dort kennengelernt habe, kann ich im Training anwenden. Man lernt immer dazu. Früher habe ich unüberlegter gehandelt. In russischen Schulen zum Beispiel ist Strenge normal. In Deutschland reagieren die Kinder ganz anders darauf. Muslimische Jungs nehmen mir es unter Umständen sehr viel übler als russische Kinder, wenn ich sie öffentlich in die Schranken weise. Diese Sensibilität musste ich erst entwickeln.“


  • "Spielerisches Kräftemessen in der Sambo-AG (Quelle: Eduard Marker)
    "Spielerisches Kräftemessen in der Sambo-AG (Quelle: Eduard Marker)
  • Die Kinder der Sambo-AB (Quelle: Eduard Marker)"
    Die Kinder der Sambo-AB (Quelle: Eduard Marker)"