„Unsere Vielfalt und unser Zusammenhalt verbindet uns“

Der Fußballtreff in Regensburg freut sich über großen Andrang bei den regelmäßig stattfindenden Fußballturnieren und beginnt in Kürze mit der Hallensaison.

Sommersaison 2023 des Fußballtreffs in Regensburg
Sommersaison 2023 des Fußballtreffs in Regensburg

Seit nunmehr zehn Jahren treffen sich Fußballbegeisterte aus dem Raum Regensburg in verschiedenen Spiel- und Sportstätten der Stadt, um nicht nur gemeinsam zu kicken, sondern auch um Werte wie Fairness, Respekt und Miteinander zu leben und mit gutem Beispiel voranzugehen. „Uns allen ist es wichtig, diese Werte nicht nur auf und um Fußballplatz herum hochzuhalten, sondern ebenso in unseren Alltag, in unsere Arbeit, ins Studium, in die Schule und in die Freizeit hineinzutragen,“ betont Benjamin Kraftzyk, der Mitbegründer des Projektes.

Positive Zahlen

Im laufenden Jahr 2023 nahmen bisher 329 unterschiedliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer an über 53 Fußballtreffs, den sogenannten „Kicks“ teil. In der Summe sind das über 2000 Teilnehmende mit anteilig 50,46 % Migrationshintergrund. „Genau das zeichnet unser Fußball Projekt aus,“ erklärt Kraftzyk. „Uns verbindet unsere Vielfalt und unser Zusammenhalt.“ Der Sport kann Menschen mit Migrationsgeschichte dabei helfen, aktiver und nachhaltiger an der Gesellschaft teilzuhaben. Hier spielen beispielsweise die im Training und bei den Turnieren geknüpften Kontakte eine große Rolle „Unser Fußballtreff wird seit 2022 durch das Programm „Integration durch Sport“ (IdS) im Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) unterstützt,“ erklärt Benjamin Kraftzyk mit Blick auf die Vernetzungsmöglichkeiten im Bereich der Integrationsarbeit im Raum Regensburg. „Neben dem begleitenden regelmäßigen Austausch mit Ben und der finanziellen Unterstützung des Projekts, ist mir die Zusammenarbeit des Fußballtreffs und der kooperierenden Sportvereine als inhaltliche „Mitträger“ besonders wichtig,“ resümiert Mandy Seetzen-Orth, die die IdS Ansprechpartnerin für Benjamin Kraftzyk ist. „Die Zahlen sprechen schon mal für sich, aber das ist bei weitem natürlich nicht alles,“ berichtet Mandy Seetzen-Orth.

Was den Fußballtreff Regensburg ausmacht, wie er zustande kam und wie er sich mittlerweile in Regensburg etabliert hat, erfahren wir im Interview mit dem Gründer des Treffs Benjamin Kraftzyk und mit der Bildungsreferentin von „Integration durch Sport“, Mandy Seetzen-Orth.

Wie ist die Idee des Fußballtreff Regensburg entstanden?

Benjamin Kraftzyk: Ich spiele schon seit ich ein kleiner Junge bin Fußball und das Spiel an sich ist aus meiner Sicht eines der besten Sportarten auf der Welt. Besonders als Team mit einer funktionieren Aufgabenteilung und einem positiven Umgang untereinander kann man auch gegen favorisierte Teams punkten. Das macht mir unglaublich viel Spaß. Jedoch wurde mir der Spaß am Fußball von einigen Einflüssen genommen oder zumindest deutlich eingeschränkt. Im Wettbewerb muss man selbst und das eigene Team an die legalen Grenzen gehen oder auch taktische Unsportlichkeiten nutzen, damit man am Ende des Spiels als Sieger vom Platz gehen konnte. Dasselbe versuchte auch der Gegner. Hinzu kam die negative Kommunikationskultur manchmal im eigenen Team, in der Regel gegenüber dem anderen Team. An der Tagesordnung waren Beschimpfungen der Fans sowie der Funktionäre gegenüber den Spielern und besonders gegenüber dem Schiedsrichter. Im Alter von knapp 32 Jahren verlor ich dann den letzten Spaß am Wettbewerbs-Fußball und beendete auch besonders für meine Familie meine aktive Karriere nach dem Ende der damals laufenden Saison. Meine Begeisterung für den Fußball an sich war nicht verschwunden, ich suchte daher nach Alternativen, fand den CVJM Kick aus Regensburg vor über 10 Jahren und versuchte diesen mit einem kleinen Gründungsteam neu zu denken. Ich wollte mit diesem Gründungsteam einen Fußballtreff gründen, dem Werte wichtiger als der Erfolg sind, jeder mitspielen kann und wir Regensburg ein Stück weit zu einem noch schöneren Ort werden lassen konnten. Diese Idee verfolge ich besonders aus meinem christlichen Hintergrund. Ich glaube an einen Gott, der uns Menschen liebt und diese Wertschätzung möchte ich weitergeben. Auch ziehe ich aus meinem Glauben immer neu meine Kraft weiterzumachen und den Fußballtreff Regensburg weiter voranzubringen. So entstand der Fußballtreff Regensburg 2012 mit seinen Werten Fairness, Respekt und Gemeinschaft.

Der Fußballtreff Regensburg ist gewachsen und ihr habt viele Teilnehmende bei euren Turnieren. Was macht diesen Erfolg aus?

Benjamin Kraftzyk: Wir organisieren ein professionelles Angebot, welches ohne Hürden von jeder Person genutzt werden kann. Unsere 20köpfige Taskforce besteht aus wundervollen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, die mehr Verantwortung übernehmen möchten, sowie mir als Gründer und Leiter des Fußballtreff Regensburg. Unsere Internetseite als Informations- und Anmelde-Plattform nimmt dazu eine zentrale Rolle ein. Unser Konzept besteht außerdem aus einer App, die die Teilnehmer in gleich starke Teams einteilt und wir dadurch unsere Kleinfeldturniere mit 4-7 Teams je nach Teilnehmeranzahl durchführen können. Dieses Konzept, die offene Ausrichtung auf alle aus Regensburg und die Betonung unserer Werte Fairness, Respekt und Gemeinschaft machen den unglaublichen Erfolg aus und das fördert Integration, das Miteinander und die sportliche Betätigung.

Wie bist du auf IdS aufmerksam geworden?

Benjamin Kraftzyk: Bernd, dessen Sohn Sandro als Spieler seit knapp einem Jahr bei uns spielte, stellte aus seiner Begeisterung über unser Projekt den Kontakt zum Bayerischen Landes-Sportverband her. Man muss wissen, dass Sandro geistig und körperlich eingeschränkt ist und als Spieler bisher nicht wirklich mit nicht eingeschränkten Teilnehmern in gleichen Teams spielen konnte. Er ist gerne gesehen und wird durch unser Konzept für alle stimmig integriert. Er kann sein Bestes geben und so sein Team weiterbringen – was dann auch absolut ausreichend ist. Nachdem ich beim BLSV-Kontakt zu Mandy Seetzen-Orth aufbauen konnte, wir uns zum Fußballtreff Regensburg austauschen konnten, wurde uns beiden schnell klar, dass wir aktiv Integration durch Sport fördern. Außerdem plante ich Ende 2022 mein Konzept umzustellen, damit wir die Kapazität der möglichen Teilnehmer von bisher 30-40 Teilnehmer pro Woche auf bis 100 erhöhen konnten. In diesem Zuge ging ich schon länger auf Vereine in Regensburg zu und wollte mit meinem Projekt mit ihnen kooperieren. Aktuell nutze ich die Fußballplätze der beiden großartigen Vereine ESV Regensburg am Mittwoch und VfR Regensburg am Montag.

Mandy Seetzen-Orth: Ich war sehr interessiert bei der ersten Begegnung mit Ben und den dann folgenden Besuchen. Der Fußballtreff in Regensburg war mir bereits vorher ein Begriff und die wirkungsvolle Integrationsarbeit, die dort auf und neben dem Spielfeld stattfindet, fand ich klasse. Nachdem sich nun die zwei Vereine als Kooperationspartner gefunden hatten, stand der finanziellen Förderung und Begleitung durch IdS nichts mehr im Wege.

Wie profitiert ihr von dem Programm?

Benjamin Kraftzyk: Wir mussten durch die Umstellung meines Konzepts knapp 10 000€ finanzieren und konnten mit der Unterstützung etwas mehr als 30 Prozent unserer nötigen, sehr hohen Ausgaben von Anfang 2023 abdecken. Wir mussten einiges an hochwertigen Trainingsmaterial und 4 Kleinfeldtore kaufen. Auch Rechnungen über Platzmieten, sowie Teile der ehrenamtlichen Stunden über eine Ehrenamtspauschale konnten wir teilweise abdecken. Wir versuchen unsere Teilnehmer wieder in Kontakt mit Vereinen zu bringen und nach Möglichkeit auch dort zu integrieren. Dadurch profitieren nicht nur wir als Fußballtreff Regensburg, sondern auch die beiden genannten Vereine.

Mandy Seetzen-Orth:Ben hat mit seinem Fußballtreff Regensburg schon viel erreichen können, eine Struktur aufgebaut, die wir mit dem Programm „Integration durch Sport“ zum einen auf finanzieller Ebene unterstützen können, aber auch beispielweise strukturell beratend unter die Arme greifen. Wir konnten hier in Regensburg zwei Vereine, den VfR Regensburg und den ESV Regensburg, mit ihren Spielstätten mit ins Boot holen und dadurch sind während der Sommerspielzeit die Spielorte gesichert. Die zwei Vereine profitieren wiederum davon, da sie beispielsweise zusätzliche Förderungen erhalten und weitere Pläne und Konzepte rund um den Sport und die Integrationsarbeit entstehen. Ich denke, dass die methodische Art und Weise während des „Kicks“ (sprich von Aufwärmen über zufällige Mannschaftszusammensetzungen, Fair Play Regeln und anschließendem gemeinschaftlichen Ausklang) durchaus ein möglicher Weg ist, den Vereine gehen können, um die integrative Kraft des gemeinsamen Sporttreibens über alle Grenzen hinweg bestmöglich zu gestalten. Mich freut es, dass es die beiden Vereine überzeugt hat, diesen Weg mitzugehen!

Wo trefft ihr euch in Regensburg?

Benjamin Kraftzyk: Wir treffen uns aktuell im Stadtosten am Montag beim VfR Regensburg und am Mittwoch beim ESV Regensburg im Stadtwesten. Jeder Standort besitzt die Kapazität für maximal 49 Teilnehmer in 7 Teams für ein Kleinfeldturnier auf drei Spielfeldern. Und dies war sehr oft ausgebucht. Meine Vision ist vier Standorte: Einen in jeder Himmelsrichtung.

Mandy Seetzen-Orth: Das gefällt mir besonders gut! Der Fußballtreff versucht ein Angebot zu schaffen, das es jedem und jeder in Regensburg lebenden Person ermöglicht, sich fußballerisch wohnortnah zu betätigen. Dies geschieht „ganz unverbindlich verbindlich“ über ein App gesteuertes Anmeldesystem. Klingt zunächst kompliziert aber ist für viele Teilnehmende sehr niederschwellig über das Handy möglich und wird super angenommen. Ich hoffe sehr, dass wir bald weitere Vereine finden, die Ben‘s Idee eines täglichen Angebots in jeder Himmelsrichtung in Regensburg mitgestalten.

Ist es schwer ohne Verein im Rücken Spielorte zu finden?

Benjamin Kraftzyk: Ja, es war lange Jahre sehr schwer. Der Stadt Regensburg, dem Sportamt Regensburg, der Bürgermeisterin und vielen Vereinen das Konzept zu erklären und eben die notwendige Unterstützung was Fußballplätze und Sporthallen angeht zu erhalten. Das benötigte tatsächlich jahrelange Aufklärungsarbeit. Aber nun haben wir mit unserer Sportbürgermeisterin Astrid Freudenstein eine starke Unterstützerin und das Sportamt Regensburg hilft, wo es kann. Der CVJM Regensburg glaubte jederzeit an mich, an meine Vision und an mein Leitungsteam. Diese nahezu kompromisslose Rückendeckung hat mir sehr viel ermöglicht. Dafür bin ich auch überaus dankbar. Der Christliche Verein junger Menschen, der schon immer der Träger des Fußballtreff Regensburg war, konnte als ein nicht klassischer Sportverein lange Zeit nicht auf die Ressourcen eines Sportvereins zurückgreifen, obwohl wir mehr aktive Teilnehmer wie mancher Verein hatten. Nun genießen wir das Ergebnis der nachhaltigen Arbeit, die sich in einer vertrauensvollen und offenen Zusammenarbeit aller Kooperationspartner in Regensburg zeigt. Wir haben etwas Großartiges für alle aus Regensburg geschaffen und darauf können alle Unterstützer, Förderer und Kooperationspartner von heute und den vergangenen Jahren Stolz sein.

Was wünscht du dir für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projektes? Und was wünscht du dir?

Benjamin Kraftzyk: Ich wünsche mir eine bessere und nachhaltigere Integration unserer Teilnehmer in die kooperierenden Vereine. Alle Vereine haben sehr viel Potential und können ihr Vereinsleben mit einigen Menschen aus dem Fußballtreff Regensburg auffrischen. Einige Fußballer verstärken beispielsweise aktuell bereits den ESV Regensburg. Aber es gibt mehr als die erste Mannschaft.
Außerdem wünsche ich mir mehr offene Angebote wie wir eines sind. Ich begegne sehr vielen Teilnehmern, denen wir das erste Mal auf Augenhöhe begegnen und sie als vollwertige Menschen und Mitspieler gesehen werden. Da haben wir noch viel in unseren wunderschönen Stadt Regensburg zu tun.
Für mich und meine Familie wünsche ich mir etwas mehr Freizeit. Hinter jedem vielleicht starken Mann steckt eine noch stärkere Frau und Familie. Meine Frau unterstützt mich bedingungslos und ohne sie wäre der Fußballtreff Regensburg nicht das, was er heute ist. Auch meine drei Töchter lieben das, was wir mit dem Fußballtreff Regensburg geschafft haben. Ich möchte von diesem Rückhalt gerne zurückgeben was möglich ist. Ansonsten bin ich sehr zufrieden und glücklich – ich bin gesund und alles weitere habe ich zumindest mittel- bis langfristig dann selbst in der Hand.

Mehr Infos zum Fußballtreff und Auskunft unter: www.fussballtreff-regensburg.de und info(at)fussballtreff-regensburg.de

 


  • Sommersaison 2023 des Fußballtreffs in Regensburg
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  • Hier werden Kleinfeldtuniere mit mit vier bis sieben Teams gespielt
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  • Zusammenhalt auf dem Fußballplatz
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  • Der Gründer des Fußballtreffs in Regensburg, Benjamin Kraftzyk
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  • "Unsere gemeinsamen Werte Fairness, Respekt und Gemeinschaft verbinden uns"
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