Was Hänschen nicht lernt…

Hubertus Görlich - Ein Leben für den Sport (Quelle: tbh-sport.de)
Hubertus Görlich - Ein Leben für den Sport (Quelle: tbh-sport.de)

Hubertus Görlich wird bald 87 Jahre alt. Er blickt auf eine lange sportliche Laufbahn und eine beachtliche Zahl an abgelegten Sportabzeichen zurück. 48 goldene Fitnessorden hat er errungen. „Wenn ich die vor dem Krieg mitzähle, sind es viel mehr“, sagt er. Er überlebte den Zweiten Weltkrieg und viereinhalb Jahre Kriegsgefangenschaft. Auch in schweren Zeiten vergaß er nie seine größte Leidenschaft: den Sport.

1941: die erste große Zäsur in Hubertus Görlichs Leben. Gerade 19-jährig wurde er eingezogen und kam in die Militärsportschule in Berlin. Dort wurde er von ehemaligen Olympiasiegern ausgebildet und für die Eroberungspläne der Nationalsozialisten gedrillt. Hubertus Görlich  trieb viel Sport und dachte kaum an den Krieg. Dann jedoch folgten Sprünge und Sprints unter Beschuss: Im Fronteinsatz im Osten wurde aus militärischen Sportübungen tödlicher Ernst.

Hubertus Görlich wurde verwundet und landete in Rommels Afrika-Korps, wo er als Kradmelder - ein motorisierter Erkunder und Kolonnenbegleiter - durch die Wüste fuhr. Später geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. In Tunesien leistete er Zwangsarbeit in einem Steinbruch. Als er nach Amerika gebracht wurde, besserten sich die Umstände. Auf einer Ranch in New Mexiko mit rund 10.000 anderen Kriegsgefangenen ging es ihm verhältnismäßig gut. Die Verpflegung stimmte. Außerdem gab es zehn Fußballplätze und ein Schwimmbad auf dem Gelände. Er konnte endlich wieder Sport treiben.

Nach dem Krieg

Zurück in Deutschland wurde er Trainer der Leichtathletikabteilung der TG Benrath. 1962 trat er dem Turnerbund Hassels bei. Vier Jahre zuvor hatte er eine Kampfrichterlizenz und eine Lizenz als Sportabzeichenprüfer erworben. „Das Deutsche Sportabzeichen war immer mein Steckenpferd“, erzählt Hubertus Görlich. „Mir macht das einfach Spaß. Ich habe auch immer selbst mitgemacht. Heute schaffe ich das aber nicht mehr. Da bin ich froh, wenn ich noch kriechen kann.“ Seit kurzem ist Hubertus Görlich auf einen Stock angewiesen. Trotzdem steht er jeden Mittwoch beim Turnerbund Hassels als Prüfer auf dem Platz. Manchmal vergisst er dabei den Stock, wenn er zum Beispiel beim Kugelstoßen die richtige Technik demonstriert.

42 Mal hat Hubertus Görlich das Goldene Sportabzeichen abgelegt. Damals konnten Sie das erst ab 40 Jahren“, erklärt er. Die genaue Anzahl seiner abgelegten Fitnessorden kennt er nicht. Etliche Bronze und Silberabzeichen und die Reichsjugendabzeichen vor dem Krieg dürften eine rekordverdächtige Anzahl ergeben. Er erhielt die Goldene Ehrennadel des Deutschen Leichtathletikverbandes, der Stadt Düsseldorf und des Turnerbund Hassels, wo er auch Ehrenmitglied ist. Er redet darüber nicht gerne: „Wenn die Leute mich in der Presse sehen, sagen Sie: Nicht schon wieder der Hubert.“
 
„Ich war früher ein ganz Schneller“, fährt er fort. „Doch als ich bei 100 Metern nicht mehr unter zwölf Sekunden ins Ziel kam, sagte ich mir: Alterchen, jetzt mal langsam. Da habe ich dann mit dem Ausdauerlaufen angefangen. Wir mussten früher ja noch 10.000 Meter laufen, später waren es dann nur noch 5.000 und heute sind es nur noch 3.000 Meter. Beim Nürburgring-Lauf bin ich sieben Mal mitgelaufen und habe 24,4 Kilometer unter zwei Stunden geschafft.“ Auch als Zehnkämpfer hat er viele Wettkämpfe bestritten. Er empfiehlt, früh mit dem Sport anzufangen: „Gerade im Mehrkampf ist das wichtig. Sonst müssen Sie sich später alles hart erarbeiten. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, sagt er und lacht.


  • Hubertus Görlich - Ein Leben für den Sport (Quelle: tbh-sport.de)
    Hubertus Görlich - Ein Leben für den Sport (Quelle: tbh-sport.de)
  • Hubertus Görlichs erster Nürburgringlauf 1978 - die letzten 50 Meter vor dem Ziel (Quelle: Hubertus Görlich)
    Hubertus Görlichs erster Nürburgringlauf 1978 - die letzten 50 Meter vor dem Ziel (Quelle: Hubertus Görlich)