Position beziehen: Interview mit Sammy Amara

Zum 30-jährigen IdS-Jubiläum hat der DOSB Interviews mit Menschen aus unterschiedlichen Lebensbereichen zu Fragen der Integration geführt. Den Anfang macht der Rocksänger Sammy Amara.

Wo Menschen mit verschiedenen Hintergründen miteinander groß werden und miteinander leben, werden rechte Parteien nicht Fuß fassen, glaubt der Rocksänger Sammy Amara. Foto: Regina Schmeken
Wo Menschen mit verschiedenen Hintergründen miteinander groß werden und miteinander leben, werden rechte Parteien nicht Fuß fassen, glaubt der Rocksänger Sammy Amara. Foto: Regina Schmeken

Warum es sich lohnt, für Aufklärung und Humanismus aufzustehen und wie aus einem "grottenschlechten" Badmintonspieler immerhin noch ein Hobby-Bodybuilder wurde – in unserem Video-Interview stellt sich Sammy Amara, Sänger und Frontman der Punkrock-Band Broilers, unseren sportlichen Fragen.

Sammy Amaras Erscheinung passt zu seinem Job als Chef der erfolgreichen Punkrockband Broilers: Kaum eine Stelle auf der Haut unterhalb des Gesichts ist nicht tätowiert, der Körper des Hobby-Bodybuilders ist kompakt und muskulös. Doch Vorsicht bei der Bewertung nach Äußerlichkeiten: Der Sänger besticht mit seinem freundlichen und nachdenklichen Wesen –und seinen klugen Gedanken.

Sammy Amaras Vater kam in den 1960er-Jahren aus dem Irak nach Düsseldorf, heiratete eine Deutsche. In seiner Kindheit war der Migrationshintergrund nie ein Thema, erst später fiel ihm auf, was ein anderer Name, eine andere Haut- und Haarfarbe in diesem Land bedeuten können. Künstler und Sportler, sagt Amara, haben eine Vorbildfunktion und sollten sich politisch positionieren.

Sammy Amara

geboren 1979 in Düsseldorf, ist Sänger, Gitarrist und Songwriter der Punkrockband Broilers. Seine Kindheit verbrachte er im Stadtteil Hellerhof, seine erste E-Gitarre erhielt er mit elf Jahren. 1992 gründete er mit Schulfreunden die Band Broilers, die zunächst in der Düsseldorfer Punkszene Erfolge feierte. Mit dem Album „Santa Muerte“ gelang der Band 2011 der große Durchbruch, die letzten beiden Alben „Noir“ und „(sic!)“ erreichten Platz eins der Charts, in ihren Texten nehmen die Musiker eindeutig Stellung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Amara ist auch ein talentierter Zeichner und hat eine Ausbildung als Grafikdesigner absolviert. Er betreibt Bodybuilding, hat mit Einzel- und Teamsportarten sonst wenig am Hut.

Ein Gespräch mit Leuchtturmfunktion

Herr Amara, waren Sie ein selbstbewusstes Kind?

Oh ja, sehr sogar. Meine Eltern haben mich sehr früh mit ordentlich viel Selbstvertrauen aufgepumpt. Dementsprechend bin ich als Kind davon ausgegangen,dass ich alles, was ich erreichen möchte, auch erreichen kann.

Zum Beispiel?

König der Sprinter zu werden! In unserem Familienurlaub in Spanien bin ich als kleiner Junge gerne von Häuserblock zu Häuserblock gerannt, immer wieder, Dutzende Male, so schnell wie ich konnte. Meine Eltern haben dann gesagt: „Sammy, du bist der schnellste Junge der Welt!“ Was Eltern halt so sagen. Aber ich habe das tatsächlich geglaubt! Ich war mir wirklich sicher,der schnellste Junge der Welt zu sein.Heute bin ich dankbar dafür, dass meine Eltern das gesagt haben. Ich glaube,dieser Zuspruch hat mich als Kind enorm bestärkt.

Wobei Sie als Kind irgendwann erkannt haben dürften, dass das mit der Sprinterkarriere nichts wird...

Genau, das ging ganz schnell, als ich in der Schule Sportunterricht hatte, da kam dann der Lehrer mit der Trillerpfeife und scheuchte uns herum. Aber zu erkennen, dass im Sport andere viel besser sind als ich, empfand ich nicht als schlimm. Ich war damals schon selbstbewusst genug, um zu wissen: Es gibt Dinge, die ich nicht kann – und die lasse ich dann eben sein. Dafür gibt es andere Dinge, die ich besser beherrsche.Und da hänge ich mich halt rein.Insbesondere die Musik. Ja, aber zuerst hatte ich eine große Leidenschaft fürs Zeichnen. Aber es war schließlich schon die Musik, die alles andere weggeblasen hat, ja.

Würden Sie sich als exzellenten Musikerbezeichnen?

Ich bin weiß Gott kein Gitarrenvirtuose, aber das, was ich mache, das mache ich auch gut. Und zwar so gut, dass meine Musik eine nicht gerade kleine Gruppe von Menschen glücklich macht.

Gab es Momente, in denen Sie gemerkt haben: Was mir hier mühsam gelingt, dass gelingt anderen einfacher? Und zwar nicht, weil sie besser sind, sondern weil sie nicht wie ich einen irakischen Familienhintergrund mitbringen?

Als Kind ist mir das nicht aufgefallen. Erst später habe ich verstärkt darüber nachgedacht, und dabei ist mir bewusst geworden, dass es tatsächlich Dinge gab, die rückblickend betrachtet ziemlich schräg wirkten. Ich erinnere mich an kleine Begebenheiten oder Nuancen in Gesprächen, die meiner Schwester und mir unbewusst das Gefühl gegeben haben, nicht zu genügen.Das war wie so ein leises Grundrauschen im Hintergrund, und vielleicht ist dieser Sound dafür verantwortlich, dass ich mir bei den Sachen, die mir wichtig waren, besondere Mühe gegeben habe.

Können Sie diesen Sound etwas konkret machen?

Als kleiner Skater wollte ich eine Tarnhose haben, und die musste Überlänge haben, das war wichtig. Eine Nachbarin fragte mich dann, ob meine Mutter mir die Hose nicht kürzen könne. Eigentlich ganz harmlos, aber wie sie es damals sagte – das war mit einem Geschmäckle verbunden. Wie gesagt, das war mir damals nicht aufgefallen. Aber wenn ich heute darüber nachdenke, dann stelle ich fest: Da war was – ganz unterschwellig. Nicht unter Freunden, aber in der Nachbarschaft oder auch in der Schule.

Erinnern Sie sich an eine Begebenheit aus der Schulzeit?

Auf dem Gymnasium, das ich besuchte, war ich in einer total gemischten Klasse, mit vielen Kindern, die Eltern hatten, die nicht in Deutschland geboren waren. Uns hat diese Buntheit geholfen,ich habe gelernt, wie wertvoll Diversität ist. Erst viel später ist mir aufgefallen,dass meine Klasse gemischt war –die anderen aber nicht.

Es gab also eine Klasse für die Kinder mit Migrationshintergrund?

Scheinbar hat die Schulleitung alle Kinder mit offensichtlich nicht deutschen Namen in diese Klasse eingeteilt, ja. Sammy saß neben Mustafa, in den anderen Klassen saßen die Stefans und Christians. Eine Schulklasse wird zum Ghetto. Ich denke, die Schulleitung hatte es gut gemeint, hatte gedacht, dass man uns Kindern damit helfen würde. Aber genau das ist der falsche Gedanke! Denn das ist das Gegenteil von Integration.Wenn man sich eine Deutschlandkarte anschaut, dann ist es offensichtlich: Dort, wo die wenigsten Menschen mit Migrationshintergrund leben, gibt es die meisten Leute, die rechtsradikale Parteien unterstützen. Wie heißt das Sprichwort: „Was der Bauer nicht kennt,das frisst er nicht.“ Das ist die einzige Erklärung für dieses Phänomen. Denn an Orten, wo Menschen mit verschiedenen Hintergründen miteinander groß werden und miteinander leben, statt Facebook-Postings zu lesen, werden rechte Parteien nicht Fuß fassen.

Was lernt man denn an diesen Orten,an denen Diversität erlebbar ist?

Ganz einfach: Man lernt, Menschen nach ihrem Handeln zu beurteilen –nicht nach ihrem Namen, ihrer sexuellen Orientierung, ihrem Geschlecht, ihrer Haut- oder Haarfarbe.

Was denken Sie, wenn man Sie als Mensch mit Migrationshintergrund bezeichnet?

Meine Mutter ist in Deutschland geboren, mein Vater stammt aus dem Irak, ich bin in Deutschland geboren, habe einen deutschen Pass. Das ist die Faktenlage. Aber es gibt eben diesen Hintergrund,den ich auch durch den Broilers-Song „Zu den Wurzeln“ beschrieben habe. Er offenbart sich durch meinen Nachnamen, durch meine Haarfarbe,meine etwas dunklere Haut. Und es gibt eine Frage, die ich mir tatsächlich häufiger stelle: Wäre ich anders, wenn ich Michael Müller heißen würde, blonde Haare und bleichere Haut hätte?

Und?

Ich glaube nicht, nein. Weil ich mich in der Kindheit eben nie als Junge mit Migrationshintergrund wahrgenommen habe. Und meine Familie übrigens auch nicht. Bei dem oben erwähnten Song „Zu den Wurzeln“ zitiere ich ein paar Sprüche, die ich immer mal wieder höre: Wie gut ich doch Deutsch spreche,zum Beispiel. Oder ein Satz wie: „Herzlich willkommen, sei zu Gast bei Freunden. “Die Leute, die das sagen, meinen es vielleicht gut. Aber natürlich sind diese Gedanken im Kern rassistisch. Als meine Mutter diesen Text las, war sie ziemlich entsetzt und fragte mich: „Das kriegst du alles ab, das musst du dir anhören?“ Für sie war ich immer Sammy aus Düsseldorf. Für manche bin ich aber ein Mensch, der für seinen Teint überraschend gut Deutsch spricht, einen Vornamen hat, den die meisten höchstens als Spitznamen kennen, und der in diesem Land eben nur zu Gast ist.

Nun sind Sie in Ihrer Szene ein Rockstar.Wie erleben Sie es, wenn Sie in Gegenden oder Milieus unterwegs sind,in denen man Sie nicht kennt?

Dort ist es anders. Eine Begebenheit in einer Stadt, der Name tut nichts zur Sache,denn es könnte überall so passiert sein: Wir hatten mit der Band einen Promo-Termin beim Radio, wollten vom Bahnhof aus zum Sender laufen, wussten aber den Weg nicht. Ich fragte daher ein älteres Paar, das uns entgegenkam:„Entschuldigung, wo finden wir denn die Straße XY?“ Die beiden gingen an mir vorbei, ohne zu reagieren. Ich sagte zu meiner Begleitung: „Das kann doch nicht wahr sein!“ Da drehen sich die beiden Älteren um und sagen: „Ach, jetzt spricht er Deutsch!“ Also, jetzt, wo ich mich aufrege.

Was spüren Sie direkt nach einer solchen Reaktion?

Es ärgert mich kurz. Es nervt natürlich auch. So wie es auch nervt, wenn ich beim Betreten eines Ladens von den Inhabern anders angeschaut werde als die anderen, das war auch schon ohne sichtbare Tattoos so. Oder wenn ich beim Security-Check am Flughafen garantiert derjenige bin, der genauer untersucht wird: Tatoos, schwarze Haare, dunkle Augen – Jackpot, da schauen wir genauer hin.

Die Tätowierung haben sie sich ausgesucht...

Ja, und dass die Tattoos eine Reaktion provozieren, ist klar. So ist es gewollt, es ist ein bewusstes Überzeichnen: „Wenn ihr eh schaut, dann aber richtig!“ Aber die schwarzen Haare und dunklen Augen?Purer Zufall. (überlegt) Wobei ich selbst nicht frei von diesen Vorurteilen bin. Das ist leider der Macht der Medien geschuldet, durch die ewigen Wiederholungen. Als das Thema IS stark im Brennpunkt stand, habe ich mich selbst dabei ertappt, dass ich ein komisches Gefühl bekam, wenn ein Mann mit einem Vollbart ins Flugzeug einstieg. Aber gerade, weil man eben selbst anfällig dafür ist, muss man dagegen ankämpfen, dass sich diese Vorverurteilungen weiter verfestigen.

Wie kann das gelingen?

In dem man zum Beispiel in den sozialen Netzwerken dagegen anschreibt. Gibt es in einer Zeitung wie der „Welt“ einen Kommentar mit bestimmter Färbung, dann weiß ich schon vorher, welche Postings unter dem Link bei Facebook auftauchen. Dann nutzt es nicht,dann muss ich da rein, mir Dellen holen und diesen Idioten etwas entgegensetzen. Denn tut man das nicht, entsteht bei immer mehr Leuten der Eindruck,diese rechten Trolle befänden sich in der Mehrheit.

Sind die Broilers auch deshalb eine politische Band?

Ja, denn als Band haben wir die Möglichkeit,Menschen zu erreichen – und zwar auch außerhalb unserer engsten Szene. Da reicht es nicht, denen nur vorzusingen,dass es geil ist, Bier zu trinken. Es muss schon mehr kommen, das ist in gewisser Weise unsere Verantwortung.

Wünschen Sie sich, dass mehr Künstler*innen Deutschland dieser Verantwortung gerecht werden?

Ja. Wobei sich hier durchaus was tut. Ich habe lange Zeit über Helene Fischer geschimpft,weil sie nichts gesagt hat. Ich dachte mir: Sie ist mit ihrer Familie aus Russland in dieses Land übergesiedelt, warum positioniert sie sich nicht? Dann aber, nach den Ereignissen in Chemnitz, kam etwas von ihr.

Wahrscheinlich, weil es auch ihr zu viel wurde. Warum das Zögern?

Weil Sie als unpolitischer Künstler immer mehr Alben verkaufen werden. Weil Sie halt niemandem vor den Kopf stoßen.

Aber was, wenn es immer schlimmer wird. Ab wann wird es unerträglich, eben nichts zu sagen? Und macht man sich dann den Vorwurf, nicht früher etwas gesagt zu haben?

Diese Fragen muss man sich stellen, wenn man Menschen erreicht, egal, ob als erfolgreicher Rockmusiker oder Sportler. Was Deutschland auszeichnet, ist die Erinnerungskultur, das Gedenken an das Naziregime und den Holocaust.

Wie nehmen Sie sich dem Thema an?

Ich weiß, dass der Vater meiner Mutter in Kriegsgefangenschaft war und danach ein gebrochener Mann war. Ich nehme also an dieser Erinnerungskultur auch persönlich teil. Aber angenommen, das wäre nicht so. Angenommen, ich wäre im Irak geboren worden und hätte mich später für Deutschland entschieden:Auch dann würde ich versuchen, mich dieser Verantwortung zu stellen. Aus der Rolle eines aufgeklärten Menschen heraus.

Sie haben einmal gesagt, Sie könnten mit Sport am Fernsehen nichts anfangen.Warum nicht?

Interessiert mich null. Ich finde es langweilig,Leuten dabei zuzuschauen, wie sie gegeneinander antreten, da fehlt mir jeglicher Bezug, weil mich einfach nicht interessiert, wer da gewinnt oder verliert.

Und aktiv?

Nichts mit Bällen, das funktioniert grobmotorisch bei mir nicht. Wenn Sport, dann mit Hanteln: Bodybuilding ist Sport zu meinen Bedingungen – mit meinem Tempo, unter eigener Verantwortung. Was ich erreiche oder auch nicht, ist alleine meine Sache, ich brauche dabei niemanden, der mir etwas zuspielt.

Sind die Broilers als Band ein Team?

Absolut, aber eben ein künstlerisches. Es wird nicht vorkommen, dass am Ende eines Konzerts das Publikum das Broilers-Mitglied des Abends wählt. (lacht)

Als Mesut Özil im Sommer 2018 aus der Nationalmannschaft zurücktrat, formuliert er in seinen Postings, in den Augen der DFB-Verantwortlichen sei er„ein Deutscher, wenn wir gewinnen –und ein Ausländer, wenn wir verlieren“. Können Sie diese Aussage nachvollziehen?

Klar, denn die Leute machen es sich halt leicht. Wäre mit Titan Kahn ähnlich umgegangen worden? Wohl nicht. Die Diskussion fing ja damit an, dass Özil die Hymne nicht mitgesungen hat. Sehe ich aber alte Bilder aus den 1970ern, dann singt da von den heutigen Legenden kaum jemand mit, nicht Beckenbauer, nicht Breitner.

Angenommen, Sie ständen da …

dann würde ich unter Garantie nicht mitsingen, schließlich habe ich mich auf das Spiel zu konzentrieren, in dem ich als Sportler 90 Minuten Höchstleistung erbringen muss. Da habe ich kein Interesse daran, auch nur ein kleines bisschen meiner Konzentration dafür aufzubringen,dass die patriotischen Gefühle einiger Zuschauer vor dem Fernseher befriedigt werden. Es ist halt sehr einfach, vom Sessel aus mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen. Und noch einfacher ist es, wenn diese Leute nicht Thomas oder Manuel heißen, sondern Mesut. Thomas oder Manuel müssen nicht beweisen,dass sie alles für ihr Land geben. Mesut hingegen schon.

Wann überwinden wir das?

Ich bin zuversichtlich, dass die Generation der jetzt Zwölfjährigen bis 17-Jährigen ganz anders aufwächst, viel gemischter, weniger daran interessiert, sich nach Wurzeln aufzuteilen. In der Stadt gilt das sowieso, aber ich glaube, dass dieser Trend auch auf dem Land zu erkennen ist. Äußerlichkeiten werden nicht unwichtiger, im Gegenteil. Aber ich glaube, dass die nicht wählbaren Merkmale wie die Herkunft an Bedeutung verlieren.Und ich bin sehr gespannt, welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die Kultur in diesem Land haben werden.

Sie sind also optimistisch...

Ja, denn vielleicht bilden diese Kids die erste Generation, die das Denken in Wurzeln überwindet. Aber ich bin auch nicht naiv, denn schaut man in die USA, wo es bereits einen schwarzen Präsidenten gab, dann ist das Problem auch weiterhin da und verstärkt sich sogar noch.

Helfen Bereiche wie Sport und Rockmusik dabei, dieses Wurzeldenken zu überwinden?

Unbedingt, Musik und Sport sind Motoren der Integration. Schaue ich mich bei mir im Fitnessstudio um, dann ist der Laden komplett gemischt: Hier geht es alleine um den Sport, man hängt zusammen rum, manchmal hilft man sich bei bestimmten Übungen. In der Musik ist es nicht anders, bei Konzerten und Festivals öffnen sich sonst geschlossene Gruppen. Berührt dich der Song? Alleine darum geht’s. Wer auf einen Gig der Broilers geht, definiert sich nicht anhand der Herkunft seiner Eltern oder Großeltern.

Weil Ihnen gelingt, erfolgreich zu sein und Türen zu öffnen: Sehen Sie sich als Vorbild?

Vorbild ist ein großes Wort, sagen wir so: Meine Vita zeigt, was möglich ist.

Also üben Sie eine Vorbildfunktion aus...

Ja, das passt besser.

Wir sprechen hier über Deutschland, aber eine Frage haben wir noch nicht geklärt: Was ist überhaupt deutsch?

Eine gewisse Strenge. Das kann ich positiv verklären, als Pünktlichkeit, Verbindlichkeit, Ordnung, Funktionalität.

Und negativ?

Missgunst, Bitterkeit, teilweise Verklemmtheit. (überlegt) Die Deutschen wünschen sich den Lebensstil der Menschen aus den südlichen Ländern Europas, aber am Ende bleibt dann doch vor allem eine Regel hängen:Draußen nur Kännchen. (lacht)

Wann scheitert Integration?

Wenn man von Anfang an die Türen zu hat.

Und wann gelingt sie?

Wenn man mit offenen Augen und Armen durch die Welt läuft und den Menschen eine Chance gibt. Heißt auch: Integration ist keine Einbahnstraße. Wer krampfhaft auf seinem Haufen sitzt und versucht, Dinge zu konservieren, vergibt die Gelegenheit, Neues kennenzulernen. Und ganz ehrlich: Darum geht’s doch im Leben! Fragen Sie mal ein Kind, das wird Ihnen sagen, wie viel Spaß es mit neuen Dingen hat. Und diese Neugier ist das Mindeste, was wir aus der Kindheit mit ins Erwachsenenalter mitnehmen sollten.

Interviewreihe

Deutschland verändert sich, Deutschland wird vielfältiger. Was bedeutet das für die Gesellschaft, wie erlebt es der Einzelne, mit und ohne Migrationshintergrund? Und welche Rolle spielt der Sport dabei? Der DOSB nimmt das 30-jährige Bestehen von „Integration durch Sport“ zum Anlass, um in den kommenden Monaten Interviews mit Personen aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen zu führen – über Fragen zu Migration, Integration und Identität. Mal persönlich, mal wissenschaftlich, mal eher entlang abstrakter Fragen. 

(Quelle: DOSB / Das Interview führte André Boße)


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  • Wo Menschen mit verschiedenen Hintergründen miteinander groß werden und miteinander leben, werden rechte Parteien nicht Fuß fassen, glaubt der Rocksänger Sammy Amara. Foto: Regina Schmeken
    Wo Menschen mit verschiedenen Hintergründen miteinander groß werden und miteinander leben, werden rechte Parteien nicht Fuß fassen, glaubt der Rocksänger Sammy Amara. Foto: Regina Schmeken